Spontaner Ukraine-Gipfel in Paris: Hinter verschlossener Tür im Geist von Notre-Dame
Frankreichs Präsident Macron hat für einen Gespräch mit Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj gesorgt. Ein diplomatischer Coup mit unklarem Ergebnis.
In der Sonntagszeitung La Tribune du Dimanche ist sogar von einem „kleinen Wunder“ dank der Notre-Dame de Paris die Rede. Denn Macron nutzte den Anlass der feierlichen Wiedereröffnung der Pariser Kathedrale Notre-Dame mit der Anwesenheit hochrangiger internationaler Gäste, um die beiden Staatsmänner in seinem Elysée-Präsidentenpalast zusammenzubringen. Für den innenpolitisch durch den Sturz seiner Regierung geschwächten Macron stellt dies einen diplomatischen Überraschungserfolg dar.
Das Gipfeltreffen war nicht offiziell geplant, es wurde erst bestätigt, als sich die drei tatsächlich unterhalten hatten und dann auf der Treppe im Hof des Elysée-Palasts vor einigen Kameras die Hand schüttelten. Das war die symbolisch wichtige Geste, die sich der Gastgeber erhofft hatte.
Es ist Macron gelungen, dank der Zusammenkunft in der Notre-Dame womöglich einen Dialog in Gang zu bringen, der nach den Erklärungen von Donald Trump während seiner Wahlkampagne alles andere als gesichert galt. Im Gegenteil muss die Ukraine befürchten, dass die zukünftige US-Regierung ihre militärische Unterstützung bei der Verteidigung gegen die russische Invasion reduzieren oder einstellen könnte. Dass dies nicht der Fall der sein wird, hat Trump freilich seinem Gesprächspartner Selenskyj in Paris nicht versprochen.
Selenskyj gibt erstmals Zahlen über gefallene Soldaten
Bisher hatte Trump die massive finanzielle und militärische Hilfe seines Vorgängers Joe Biden scharf kritisiert und geprahlt, er werde diesen Konflikt dank seiner Kontakte mit Wladimir Putin „in 24 Stunden“ beenden. Am Tag nach dem kurzen Pariser Treffen präzisierte Trump nicht, was genau beim Austausch gesagt wurde.
Auf seiner Plattform Truth Social wünscht er aber „eine sofortige Feuerpause (in der Ukraine) und den Beginn von Verhandlungen“, um einen Krieg zu beenden, der sich „in etwas Größeres und weit Schlimmeres ausweiten könnte“. „Selenskyj und die Ukraine wollen zu einer Einigung kommen, um diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen“, glaubt Trump zu wissen.
Selenskyj bestätigte, ebenfalls im Internet, die Ukraine wolle,„dass dieser Krieg endet, und dies so schnell wie möglich und auf eine gerechte Weise“. Zu seinen Vorstellungen präzisierte er: „Wenn wir von einem effektiven Frieden reden, dann vor allem von effektiven Friedensgarantien.“ Es gehe darum, eine Einigung zu finden, mit der sichergestellt werde, dass der Konflikt „nicht in ein paar Jahren“ erneut ausbrechen könne.
Auf der Plattform Telegram schrieb Selenskyj, er habe Trump und Macron gesagt: „Wir brauchen einen gerechten und dauerhaften Frieden, den die Russen nicht in einigen Jahren vernichten, wie sie das in der Vergangenheit mehrfach getan haben.“
Da Trump von 400.000 seiner Ansicht nach „unnötigen“, Opfern vor allem unter der Zivilbevölkerung in der Ukraine gesprochen hatte, informierte Selenskyj am Sonntag erstmals über militärische Opferzahlen. Seit Beginn des Kriegs vor bald drei Jahren seien auf ukrainischer Seite „43.000 Soldaten auf dem Schlachtfeld gefallen“. Von den 370.000 Verletzten seien die Hälfte wieder an die Front zurückgekehrt. Von einem eventuell weiteren Gesprächstermin zwischen Trump und Selenskyj wurde nichts mitgeteilt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“