Spionageverdacht im NSA-Ausschuss: Nach einer wahren Geschichte
Wurde das Kryptohandy des Vorsitzenden des NSA-Ausschusses gehackt? Das Bundesamt für Informationssicherheit prüft den Fall.
BERLIN taz | Für einen guten Thriller braucht es in der Regel dreierlei: Interessante Opfer, viel Bewegung und einen Hauch plausibler Verschwörung. Wer sich die Filmrechte an der Arbeit des NSA-Ausschusses im Deutschen Bundestag sichern würde, könnte sich dagegen mit einer schlichten Doku begnügen. Letzter Spin: Das Hochsicherheitshandy des Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) könnte gehackt worden sein.
Das berichtet die Welt. Demnach habe Sensburg, der im Deutschen Bundestag dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der NSA-Affäre vorsitzt, im Februar sein Gerät zur Überprüfung an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingeschickt. Die Bonner Behörde ist unter anderem für die Datensicherheit der Bundesverwaltung zuständig.
Die Bundestagsverwaltung versandte das Gerät aus Sicherheitsgründen in einem verplombten Behälter. Doch als das Gerät in Bonn ankam, war die Verplombung geöffnet und das Gerät offenbar zwischenzeitlich aus dem Behältnis entfernt worden. Wurde Sensburgs Handy, bei dem es sich um ein besonders geschütztes Kryptohandy handelt, also abgefangen und ausgespäht?
Dass zahlreiche internationale Dienste Interesse an der Ausschussarbeit haben, liegt auf der Hand. Weil in dem Parlamentsgremium viele Details der digitalen Agententätigkeit verhandelt werden, sollen Geheimdienste wie der britische GCHQ und die US-amerikanische NSA Druck auf die Bundesregierung ausgeübt haben, mit Informationen spärlich umzugehen. BND und Bundeskanzleramt erschwerten immer wieder die Arbeit des Ausschusses.
Etliche Verschwörungstheorien
Inzwischen steht die Dichte der bemerkenswerten Vorfälle rund um die Ausschussarbeit und -mitglieder für sich. Zuletzt hatte CDU-Politiker Roderich Kiesewetter seine Ausschussarbeit niedergelegt, weil er laut Medienberichten befürchtet haben soll, kompromittiert werden zu können. Der BND soll in Kiesewetters engem Umfeld ohne dessen Wissen Funktionäre bezahlt haben. Wozu?
Gerade erst empörten sich Ausschussmitglieder, weil sie vermuten, bei einer Sitzung vom BND bewusst hinters Licht geführt worden zu sein. Anlass für Verschwörungstheorien gibt es nun zuhauf. Und dazu: interessante Opfer, viel Bewegung und einen ziemlich großen Hauch von Plausibilität.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball