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Spielplatzverweis wegen nackter BrustBrust des Anstoßes

Eine Mutter wird des Spielplatzes verwiesen, weil sie sich ohne Oberteil sonnt. Doch das dürfen auch im Jahr 2021 nur Männer.

Die brauchen keinen BH, weil aus Schokolade: Sekundäre Geschlechtsmerkmale zum Aufessen Foto: picture alliance / dpa | Doreen Fiedler

Im Folgenden geht es um nackte Brüste. Vermutlich lesen Sie also jetzt weiter. Wobei ja noch gar nicht klar ist, ob es hier um die männliche oder die weibliche Brust gehen soll – aber keine Sorge, es geht um nackte Frauenbrüste, also lesen Sie weiter, stimmt’s? Denn die männliche Brust ist ja einigermaßen unspektakulär, jedenfalls kommt nicht gleich die Polizei, wenn einem im Frühjahr im Park die ersten Oben-ohne-Jogger ihre winterblassen Exemplare präsentieren.

Das allerdings, also dass die Polizei kam, ist einer Frau passiert, die am 20. Juni auf einem Wasserspielplatz im Plänterwald ihre Brüste in die Sonne hielt, während sie ihren 5-jährigen Sohn beaufsichtigte. Ob ihr warm war, ob sie nahtlos braun werden wollte oder was auch immer ihr Beweggrund war, ist nicht ganz klar, ist auch eigentlich egal. Fragt man die Jogger ja auch nicht, warum sie ihr Brusthaar ungefragt in der Öffentlichkeit spazieren tragen.

Der Punkt ist, und das wurde auch der Mutter auf dem Spielplatz von der einschreitenden Security klargemacht: Was Mann darf, darf Frau in der Hinsicht noch lange nicht. Der Rest der Geschichte geschah zwangsläufig: Es gab einen Platzverweis, die Frau machte den Vorfall twitteröffentlich (#GleicheBrustfürAlle). Viele, viele Twitterherzen nahm sie damit in den letzten zwei Tagen im Sturm, eilig entspannen sich Threads, der Tenor: Es ist 2021, Mann, also Brust raus.

Vom Hausrecht Gebrauch gemacht

Dass das Bezirksamt Treptow-Köpenick sich am Mittwoch zu einer Klarstellung genötigt sah – „vom Hausrecht Gebrauch gemacht“, kein FKK erlaubt in den Hausregeln – ist da nur Nebensache. Genauso wie die Tatsache, dass da keine stillende Mutter mitsamt Baby zu Zucht und Ordnung gerufen wurde, wie zunächst berichtet wurde.

Aber die Frage, die bleibt, ist ja die, ob man sich einen öffentlichen Raum wünscht, in dem „die Beschaffenheit der Brust darüber bestimmt, ob in Parks oberkörperfrei erlaubt bzw. gebilligt ist oder nicht“, wie jemand auf Twitter schreibt.

Was Mann darf, darf Frau in der Hinsicht noch lange nicht.

Klar kann man jetzt die Augen zum Himmel rollen, weil man keinen Bock mehr hat auf diese Gender-Debatten. Und vermutlich warten auch nur wenige Frauen darauf, endlich auch mal nackt joggen gehen zu dürfen (sorry, liebe Leser*innen). Aber es ist doch so: Brust ist Brust, ob männlich, weiblich, trans oder inter, und damit sekundäres Geschlechtsmerkmal.

Aber nur die weibliche Brust (oder die, die für weiblich gehalten wird) muss verhüllt werden, weil sie sonst Anstoß für die Erregung öffentlichen Ärgernisses sein könnte (immerhin ein Strafrechtsparagraf). Und das gibt einem doch zu denken, wie frei wir obenrum 2021 tatsächlich schon sind.

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3 Kommentare

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  • Kein Körper erscheint mir unanständig.

  • mein "sekundäres geschlechtsmerkmal" is vom fell verdeckt



    mit nackter brust würde ich nicht rumlaufen wolle .. fänd ich obszön ;)

    würde die weiblichebrust entsprechend behaart sein würde se vlcht auch häufiger aus gründen der durchlüftung des oberkörpers unter umständem draussen baumeln .. aber ob das zb beim freizeit sport oder auf ner baustelle so praktisch wäre?

    davon abgesehn .. ist die hausordnung was sie ist .. in linken lokalitäten dürfen männer aus gründen der gleichberechtigung auf prüderie und unterdrückung für alle längst nicht mehr brust zeigen als sie es ggf gewohnt sind ..

    tja .. ganz gleich ob öffentliche ordnung oder verquere linke logik .. nicht die brust ist das problem. sondern die sozialisierung und die sexualisierung des körpers .. zwei dinge die nur schwer mit einander in einklang zu bringen sind

  • Auch Frauen sehen es manchmal nicht gern, wenn sich andere Frauen oben ohne sonnen. In Frauenbädern wie dem Fraueli zu Basel werden oben ohne badene Frauen immer wieder angefeindet und auf übelste Weise beschimpft.

    Die Behörden gehen dagegen jedoch mittlerweile konsequent vor:



    www.watson.ch/schw...iel-stoff-verboten