Spendenaffäre der AfD: Schatzmeister belastet Kreisverband
Der AfD-Schatzmeister von Baden-Württemberg belastet die Schatzmeisterin des Kreisverbands Bodensee. Sie sei früher über die Schweizer Spenden informiert gewesen.
Kral sagte der Zeitung, er habe Hinger schon am 14. August 2017 telefonisch über „die gesetzlichen Regelungen für Spenden aus der Schweiz“ aufgeklärt. Er habe gesagt, „dass diese nur angenommen werden dürfen, wenn sie aus dem Einkommen oder Vermögen eines Deutschen oder EU-Bürgers kommen“.
Hinger bestreitet dem Bericht zufolge das Telefonat. Sie habe am 14. August 2017 „mit Sicherheit nicht“ mit Kral zu dem Thema telefoniert, er habe sie „nie“ zu dem Spendenthema angerufen. In einem von Hinger angefertigten „Verlaufsprotokoll“ der Affäre, das der FAZ vorliegt, werde auch kein Telefonat mit Kral am 14. August erwähnt. Die Zeitung zitierte aber aus einer E-Mail Hingers vom selben Tag, in der sie Kral bittet, „mich zurückzurufen“, sie habe ihm zum Spendenthema „schon auf Band gesprochen“.
Für den nächsten Tag protokollierte Hinger demnach eine E-Mail von Kral, in der dieser schrieb, er habe ihre Fragen zu den Spenden „schon beantwortet“, was aus Krals Sicht ein Hinweis auf ein doch stattgefundenes Telefonat sei.
Wann erkannte Hinger die Illegalität?
In der Spendenaffäre geht es um Zuwendungen an den AfD-Kreisverband Bodensee. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung hatten im November enthüllt, dass dieser vor der Bundestagswahl 2017 umgerechnet mehr als 132.000 Euro von einer Schweizer Firma erhalten hatte. Parteispenden von über 1.000 Euro aus Nicht-EU-Staaten sind illegal, die Staatsanwaltschaft Konstanz leitete daher Ermittlungen ein. Der Kreisverband Bodensee hatte das Geld zurückgezahlt, allerdings erst Monate nach dem Eingang auf das Konto.
Der Zeitpunkt, an dem Hinger die Illegalität der Spende erkannte, ist von zentraler Bedeutung. Die AfD baut darauf ihre Verteidigung auf. Es habe kein „schuldhaftes Zögern“ bei der Rücküberweisung der illegalen Spenden gegeben, weil der Partei nach dem Eingang einer Spende ein Prüfzeitraum von „zwei bis drei Monaten“ zustehe, argumentiert die Parteispitze. Laut AfD kann diese Frist erst vom Januar 2018 an laufen, als der Kreisschatzmeisterin angeblich „erstmals Zweifel“ kamen.
Durch ein aufklärendes Telefonat im August 2017 hingegen wäre die von der AfD selbst gesetzte Frist von drei Monaten weit überschritten. Sollte Hinger schon da über „die gesetzlichen Regelungen für Spenden aus der Schweiz“ aufgeklärt worden sein, dann wären bis zur Rückzahlung des Geldes am 13. April 2018 acht Monate vergangen.
Sehr hohe Strafzahlungen drohen
Sollte die AfD damit gegen das Parteiengesetz verstoßen haben, muss die Partei gegebenenfalls einen Betrag in dreifacher Höhe der unzulässigen Spendensumme bezahlen. Falls sie nur gegen Veröffentlichungspflichten verstoßen haben sollte, wäre das Zweifache der Spendensumme von insgesamt 132.005,52 Euro fällig. In beiden Fällen würde die Partei damit auf der Liste der höchsten Strafzahlungen den dritten Platz belegen. Seit der Änderung des Parteiengesetzes von 2003 gab es zwei Fälle, in denen noch deutlich mehr bezahlt werden musste.
Die FDP musste 2009 wegen rechtswidriger Spenden des damaligen nordrhein-westfälischen FDP-Landesvorsitzenden Jürgen Möllemann rund 3,45 Millionen Euro zahlen. Die CDU wurde 2010 dazu verdonnert, rund 1,2 Millionen Euro an den Bundestag zu zahlen, nachdem herausgekommen war, dass die Partei in Rheinland-Pfalz Fraktionsgelder für den Landtagswahlkampf zweckentfremdet hatte.
Der Bundestag wird in Sachen AfD-Spenden vermutlich keine Entscheidung treffen, bevor die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Konstanz abgeschlossen sind. Diese ermittelt gegen Weidel und drei weitere Mitglieder ihres Kreisverbandes am Bodensee wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz. Spenden von Nicht-EU-Bürgern an deutsche Parteien sind illegal. Zuwendungen einzelner Spender von mehr als 10.000 Euro pro Jahr müssen zudem mit dem Namen des Gönners veröffentlicht werden.
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