Speicherung von Telefondaten: Skandal ohne Skandal
Einige große Telefonanbieter speichern die Kundendaten länger als bisher gedacht. Das ruft Datenschützer auf den Plan. Aber sie haben keinen Grund zur Kritik.
BERLIN taz | Das eine ist der Fakt, das andere die Interpretation dazu. Fakt ist: Einige große Telefonanbieter speichern die Daten ihrer Kunden über einen längeren Zeitraum als bisher bekannt. Fakt ist auch: Das dürfen sie, so steht es im Telekommunikationsgesetz. Zu Abrechnungszwecken dürfen EPlus, O2 & Co die Verbindungsdaten so lange speichern wir nötig. Die einen brauchen dazu nur wenige Wochen, die anderen mehrere Monate.
Dass sich Datenschützer darüber echauffieren, ist ein Skandal, der keiner ist. Die Frankfurter Rundschau und die Berliner Zeitung hatten berichtet, dass mehrere große Telefonanbieter die Verbindungsdaten ihrer Kunden bis zu sechs Monate lang speichern und die Datenschützer diese Praxis scharf kritisieren. Die Zeitungen berufen sich auf ein "geheimes Papier" der Generalstaatsanwaltschaft München.
Es sei kein geheimes Papier, sondern ein interner Leitfaden, sagte Oberstaatsanwalt August Stern der taz. "Die Staatsanwaltschaft hat ihn für die Ermittler herausgegeben, die sich mit dem Thema der Datenspeicherung bei Telefonanbietern befassen." Ein Papier mit einer Auflistung der einzelnen Unternehmen und der Dauer ihrer Datenspeicherung.
Falscher Zusammenhang hergestellt
"Es geht dabei aber einzig und allein um Daten, die die Anbieter für die Abrechnung brauchen", so Stern. Ganz so, wie es das Bundesverfassungsgericht vorschreibe. Über die Dauer der Datenspeicherung entscheiden die Unternehmen selbst, erklärt Stern. "Je nach dem, wie lange sie für die Abrechnung brauchen, dauert das bei den einen eben nur wenige Wochen, bei den anderen eben länger."
Stern sagte, er habe "keinerlei Anhaltspunkte zu glauben, dass es auch um andere Daten geht." Die Zeitungsbericht hatte einen Zusammenhang zur Speicherung von Standortdaten vermuten lassen. "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", sagt auch Jimmy Schulz, FDP-Netzpolitiker, bekannt für seine sehr kritische Haltung zur Vorratsdatenspeicherung. "Die Unternehmen speichern das, was sie auch speichern dürfen."
Konstantin von Notz, Netzpolitiker der Grünen, ist trotzdem vorsichtig. "Nach dieser Geschichte stellt sich schon die Frage, welche Daten die Unternehmen genau speichern und wie lange", sagte er der taz. "Wenn die Daten ohnehin mehrere Monate gespeichert werden, zerstört das die Argumentationsgrundlage derjenigen, die sagen, Strafverfolgung sei nicht möglich, wenn die Daten nur ganz kurz gespeichert würden." Den Befürwortern der Vorratsdatenspeicherung fehle damit die Diskussionsbasis.
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