Sparkassen-Expansion in Schleswig-Holstein: Bundeskartellamt stoppt Haspa
Die Wettbewerbshüter untersagen der Haspa eine weitere Beteiligung an einer Sparkasse im Hamburger Umland. Begründung: Sie beherrsche zunehmend den Markt.
HAMBURG taz | Das Bundeskartellamt in Bonn hat die geplante Beteiligung der Hamburger Sparkasse (Haspa) an der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg untersagt. Das Vorhaben würde der Haspa auf den regionalen Märkten für Kredite und Girokonten eine „marktbeherrschende Stellung“ verschaffen, begründen die Wettbewerbshüter. Damit stoppt das Kartellamt erstmals die weitere Expansion der größten deutschen Sparkasse im Norden.
Üblicherweise halten sich alle 427 Sparkassen in Deutschland an ihre jeweiligen Gebietsgrenzen. Anders die Haspa, die zu einem halben Dutzend „freier“ Sparkassen in Deutschland gehört. Seit fünf Jahren setzt sie unter ihrem Vorstandssprecher Harald Vogelsang auf Expansion ins Hamburger Umland. Mittlerweile ist sie bereits an vier weiteren Instituten im Norden beteiligt, den Sparkassen Bordesholm, Lübeck und Mittelholstein sowie der angeschlagenen in Bredstedt. Allesamt freie Sparkassen, die nicht einer Kommune gehören, sondern als Aktiengesellschaften organisiert sind.
Der Haspa-Kurs ist in der Sparkassenorganisation bundesweit heftig umstritten. Für politischen Zündstoff sorgte vor zwei Jahren die Änderung des schleswig-holsteinischen Sparkassengesetzes: Die schwarz-gelbe Regierung von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) setzte ein Gesetz durch, wonach „öffentliche“ Kreditinstitute aus anderen Ländern sich mit bis zu 25,1 Prozent an den Sparkassen des Landes beteiligen können. Der Sparkassenverband in Kiel kritisierte diese Lex Haspa als Einfallstor zur Privatisierung.
Die meisten der 427 Sparkassen gehören einer Kommune und sind öffentlich-rechtlich organisiert. Es sind also gewissermaßen staatliche Banken.
Daneben gibt es einige "freie" Sparkassen: im Gegensatz zu den normalen Sparkassen können sie auch in fremden Regionen "wildern". Für Sparkassen gilt dagegen ein Regionalprinzip, Geschäfte dürfen eigentlich nur in der eigenen Region getätigt werden.
Die Freien sind seit 1920 im Verband der Deutschen Freien Öffentlichen Sparkassen organisiert. Dem Verband gehören einige ausländische Institute und sechs deutsche an. Bis auf die Sparkasse Bremen ist an allen die Haspa direkt beteiligt.
Begünstigt wurde die Hamburger Ausdehnung aber auch von der Schwäche vieler Sparkassen in Schleswig-Holstein. Die Fast-Pleite der HSH Nordbank, eine zu optimistische Kreditvergabe etwa für Windmühlen, interne Skandale und die insgesamt schwache Wirtschaftsentwicklung im nördlichsten Bundesland haben mehrere der 14 Sparkassen in Bedrängnis gebracht. So gilt manchem Sparkassenvorstand die Haspa als weißer Ritter, der zudem nur eine Minderheitsbeteiligung anstrebt. Diese genügt allerdings als Sperrminorität: Nichts geht gegen den Willen der Haspa.
Einer weiteren Expansion schob nun das Bonner Bundeskartellamt einen Riegel vor. Bereits eine Minderheitsbeteiligung der Haspa von 25,1 Prozent an der Lauenburger Kasse sei nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) „unstrittig“ ein Zusammenschluss. Ein solcher muss auf seine Auswirkungen auf den Wettbewerb überprüft werden. „Wegen der besonderen Situation im Hamburger Umland entfiele durch den Zusammenschluss ein wesentlicher Anbieter für Kredite für den Mittelstand“, sagt Kartellamtspräsident Andreas Mundt.
Im Kreis Herzogtum Lauenburg, der direkt an Hamburg grenzt, ist die Haspa nach der Kreissparkasse bereits zweitstärkster Anbieter. Andere Kreditinstitute kommen nur auf äußerst geringe Marktanteile. Das Gleiche gilt für private Girokonten. Die beiden Sparkassen „prüfen“ nun die Entscheidung, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Unternehmen haben einen Monat Zeit, Beschwerde einzulegen, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana