Sparen in der Energiekrise: Sprung ins kalte Wasser
Die Berliner Bäder-Betriebe senken in diesem Winter wegen der Energiekrise die Wassertemperatur ab. Für Kinderschwimmkurse keine leichte Situation.
Die Wärme von oben nach dem Schwimmen ist in diesem Herbst besonders begehrt – seit Beginn der Hallenbadsaison in Berlin gilt nämlich als Maßnahme zum Gassparen eine Temperaturobergrenze von 26 Grad in den Becken. Mit dieser Absenkung um zwei Grad könne man in Zeiten der Gasmangellage den Energieverbrauch bereits um bis zu 10 Prozent reduzieren, so Claudia Blankennagel von den Berliner Bäder-Betrieben. Exakt zu beziffern ist die Ersparnis laut Sprecherin der BBB noch nicht, da sie maßgeblich von der jeweiligen Außentemperatur abhängig sei.
Wie sich die kältere Wassertemperatur auf den Vereinssport auswirkt, beantwortet auf taz-Nachfrage ein Vertreter des BSV Kreuzberg. Allgemein würden 26 Grad als empfohlene Trainingstemperatur gelten, somit hätten gerade Jugendliche und Erwachsene kein Problem mit der Absenkung.
Doch für Kinder zwischen vier und zwölf Jahren gelte das nicht, da sie schneller frieren würden. Die empfohlene Trainingstemperatur liege für sie bei 27 bis 30 Grad. Dass es nun kälter sei, nehme ihnen „oft die Lust, weiterhin regelmäßig am Schwimmtraining teilzunehmen – mit dem absehbaren Effekt, dass viele Kinder nicht sicher schwimmen lernen und dass im Schwimmsport in Zukunft Nachwuchs fehlen wird“, sagt Henning Schütz vom BSV Kreuzberg.
Clara Schedlich, sportpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, ist vor allem froh, dass die Hallenbäder ab September angesichts der Energiekrise öffnen konnten: „Schul- und Kinderschwimmen hat für mich die höchste Priorität. Schwimmkurse retten Leben und daher gehören Bäder zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht alle geschlossen werden.“
Laut der Senatssportverwaltung mussten zuletzt in zwei Jahren Pandemie über 50 Schwimmkurse ausfallen. In jedem Kurs lernten 15 Kinder schwimmen. Hier versuche man aktuell mit Ferien- und Intensivkursen möglichst viel nachzuholen, so Schedlich, denn schließlich sei Berlin mit Blick auf die Schwimmfähigkeit der Kinder ohnehin nicht so gut aufgestellt.
Allerdings ging die Nichtschwimmer*innenquote unter den Berliner Schulkindern in den vergangenen Jahren zurück und liegt mit rund 15 Prozent laut Bildungsverwaltung deutlich unter dem Bundesschnitt von 40 Prozent bei Grundschulkindern, von dem die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft DLRG ausgeht.
Schedlich sagt: „Selbstverständlich muss der öffentliche Sektor in Situationen wie dieser als Vorbild voranschreiten und ebenfalls Einsparungen in vertretbaren Maßen vornehmen.“ Allerdings, kritisiert die Grünen-Abgeordnete: Die Bäder und auch anderen Sportstätten in Berlin seien nicht ausreichend energetisch saniert und mit Solaranlagen ausgestattet. „Hier wurde in den letzten Jahren einiges verschlafen, was jetzt dringend nachgeholt werden muss“, so Schedlich. Spätestens jetzt müsse auch allen klar sein: „Wir müssen weg von fossilen Energieträgern.“
Auch die Luft ist kälter
Um kurzfristig Energie zu sparen wurde in dieser Saison zusätzlich zur Wassertemperatur die Lufttemperatur in den Hallenbädern auf 28 Grad reduziert – der Unterschied zwischen Wasser- und Lufttemperatur muss zwei Grad betragen, „sonst tropft es von der Decke“, erläutert BBB-Sprecherin Blankennagel.
Eine Ausnahme bildeten die weiterhin 32 Grad warmen Kleinkind- und Therapiebecken, sofern das bei getrennten Wasserkreisläufen möglich sei. Die trotz Temperaturabsenkung sehr hohen Energiekosten in diesem Jahr sollen mit zusätzlichen 25 Millionen Euro aus dem Nachtragshaushalt abgefedert, so Sportsenatorin Iris Spranger (SPD). Das Parlament hatte den Nachtragshaushalt am Montag beschlossen.
Dass viele Berliner Schwimmer*innen in Bezug auf die Wassertemperatur nicht zimperlich sind, hatte sich am Ende der Freibadsaison schon gezeigt: Im Oktober lockte das Open-Air-Schwimmen im Kreuzberger Prinzenbad über 4.500 Gäste an. Selbst vom am Ende nur noch 14,6 Grad kalten Wasser ließen sich die Schwimmer*innen nicht abhalten. Das Freibad feierte damit die längste Saison seiner Geschichte. Wem allerdings die 26 Grad Wassertemperatur in den Hallenbädern doch zu kalt sind, dem erlauben die Bäderbetriebe in diesem Jahr Neoprenbadebekleidung. Davon machten allerdings laut Blankennagel bislang nur wenige Gebrauch.
Wer in den kalten Monaten allerdings in den Berliner Saunen schwitzen möchte, rennt gegen verschlossene Türen. Blankennagel: „In Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport haben wir uns entschieden, unsere Sauna-Anlagen in Zeiten der Gasmangellage in diesem Herbst nicht zu öffnen.“
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