Spaniens Grenzschutzstrategie: Aufrüstung gegen Migranten
Die Regierung in Madrid will ihre Befestigungsanlagen in Melilla und Ceuta verstärken. Flüchtlinge stürmen einen Grenzzaun, ein Afrikaner kommt ums Leben.
MADRID taz | Spanien verstärkt seine Südgrenze. Das Innenministerium der konservativen Regierung unter Mariano Rajoy lässt am Grenzzaun um die nordafrikanische Exklave Melilla Natodraht anbringen. Mindestens ein Drittel der 12 Kilometer langen und 6 Meter hohen Grenzanlage soll mit dem Draht, der mit rasiermesserscharfen Klingen versehen ist, bestückt werden. Madrid reagiert damit darauf, dass seit Sommer immer mehr Flüchtlinge von Marokko nach Melilla zu gelangen versuchen.
Außerdem wird der doppelte Grenzzaun mit einem engmaschigen Gewebe versehen. Dieses ist zu fein, um darin Halt zu finden. Damit soll verhindert werden, dass Flüchtlinge auf den Zaun steigen können. Die Arbeiten sollen bis Ende des Monats beendet werden. Zudem soll ein zweiter Hubschrauber zur Luftüberwachung der Grenze eingesetzt werden. In der zweiten Exklave, Ceuta, wird der dortige Zaun in das Meer hinein verlängert, um zu verhindern, dass Flüchtlinge spanisches Territorium schwimmend von Marokko aus erreichen.
Nachdem bei einem Ansturm von über 200 Menschen in der Nacht auf Dienstag rund 100 Flüchtlinge nach Melilla gelangen konnten, befürchten die Grenzbeamten einen erneuten Ansturm von Flüchtlingen, die noch vor Abschluss der Grenzverstärkung versuchen könnten, Spanien zu erreichen. Ein Schwarzafrikaner war in der Nacht zu Dienstag nach marokkanischen Angaben vom Zaun in den Tod gestürzt. 40 Flüchtlinge wurden auf marokkanischer Seite verhaftet.
Es ist nicht das erste Mal, dass Spanien Natodraht an dem Doppelzaun rund um Melilla anbringt. Bereits 2005, damals unter dem Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero, wurden der Zaun nachgerüstet. Er wurde von drei auf sechs Meter erhöht und zusätzlich mit einer zwei Meter hohen Rolle Natodraht versehen. Die Flüchtlinge erlitten an den messerscharfen Metallblättchen schwere Verletzungen am ganzen Körper. Mindestens 13 Menschen verloren an dem Zaun ihr Leben. Einige verbluteten erbärmlich, nachdem sie sich im Draht verfangen hatten. 2007 wurden der umstrittene Draht schließlich entfernt.
Kritik von Amnesty International
Die erneute Aufrüstung des Zaunes sei „ein Rückschritt hinsichtlich der Rechte der Immigranten“, beschwert sich der Vorsitzende der spanischen Sektion von Amnesty International (AI), Estebán Beltrán. „Auf Lampedusa und in Marokko passiert Ähnliches. Das Recht eines Staates, sich zu schützen, wird als wichtiger angesehen, als das Recht der Immigranten auf Leben“, fügt er hinzu.
Trotz der Kritik von AI und der Opposition im spanischen Parlament hält die Regierung am Ausbau fest. „Die irreguläre Einwanderung ist in Händen des organisierten Verbrechens, das diese Personen dorthin schickt, wo sie sich verletzen, Schiffbruch erleiden oder sterben. Die Staaten versuchen, so menschlich wie möglich zu sein“, erklärt der Direktor für Einwanderung im Innenministerium, Carlos Abella y de Arístegui.
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