Spaniens Bauern gehen auf die Straße: Protest gegen billiges Olivenöl
„Am Limit der Rentabilität“: Nach Deutschland protestieren auch in Spanien die Landwirte gegen sinkende Erträge für Olivenöl oder Fleisch.
Am Mittwoch und Donnerstag unterbrachen vor allem die Olivenbauern aus dem südspanischen Andalusien immer wieder den Straßenverkehr. In den Provinzen Jaén und Granada setzen sie Barrikaden in Brand. Und am Freitag zogen die Imker durch Madrid. Sie forderten sofortige Maßnahmen, um dem Bienensterben Einhalt zu gebieten.
„Am Limit der Rentabilität, am Limit der Anstrengungen, vor der Frage, weiterarbeiten oder hinschmeißen“, resümierten die Bauernverbände in ihrem Manifest. Die Preise, die ihnen für die Produkte bezahlt werden, lägen so tief, dass sich so mancher Landwirt überlegt, ob die Ernte überhaupt noch lohne.
„Wir haben uns der Produktion von Lebensmitteln, der Bewirtschaftung des Territoriums und dem Schutz der Umwelt verschrieben, aber wenn das nicht rentabel ist, können wir nicht weitermachen“, erklärte Miguel Blanco, Sprecher des wichtigsten Organisation von Landwirten und Viehzüchtern, der COAG. Landwirtschaft und Viehzucht sind die einzige Branche in Spanien, die in den vergangenen zwölf Monaten Arbeitsplätze abbaute. Insgesamt gingen knapp 32.000 Jobs verloren.
Preisverfall beim Olivenöl
Am deutlichsten ist der Preisverfall beim Olivenöl zu beobachten. Alleine in den vergangenen 12 Monaten ist der Preis um 25 bis 30 Prozent gesunken. Im Vergleich zu 2018 sind es gar 50 Prozent. Olivenöl ist in Spanien ein besonders wichtiges Produkt. Es wird von den großen Ketten oft für die Werbung eingesetzt. Günstige Preise sollen Kunden locken. Der Druck auf die 250.000 Familien, die vom Olivenanbau leben, nimmt seit Jahren zu.
Zu den niedrigen Preisen auf dem spanischen Markt kommen Exportschwierigkeiten. So führte die US-amerikanische Regierung USA Zölle für spanische Landwirtschaftsprodukte wie Olivenöl und Wein ein – als Vergeltung für Subventionen, die Europa an die Luftfahrtindustrie bezahlte. Mit Sorge schauen die spanischen Landwirte auch auf den Brexit. Acht Prozent des landwirtschaftlichen Exports gehen ins Vereinigte Königreich. Das entspricht einem Handelsvolumen von rund vier Milliarden Euro pro Jahr.
Gleichzeitig seien sie mit höheren Kosten konfrontiert, beschweren sich die Verbände. Nicht von ungefähr fielen die Proteste mit der Unterzeichnung eines Abkommen für einen höheren Mindestlohn zwischen Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zusammen. Der Mindestlohn wird in diesem Jahr auf 950 Euro pro Monat steigen. Es ist bereits die zweite Erhöhung. Bevor der Sozialdemokrat Pedro Sánchez im Juni 2018 per Misstrauensvotum an die Macht kam, betrug der Mindestlohn gerade einmal 655 Euro.
Niedrige Preise auch in Deutschland Thema
Dass nicht nur in Spanien die Nerven blank liegen, zeigt ein Zwischenfall im norddeutschen Wiefelstede. Rund 200 Landwirte blockierten dort mit Traktoren in der Nacht auf Montag das Zentrallager des Edeka-Konzerns. Der Grund war ein Werbeplakat. „Essen hat einen Preis verdient, den niedrigsten“, stand darauf zu lesen. „Unerträglich“, beschwerten sich die Bauern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt