Sozialsenator über Heim in Rostock: „Das Wohl der Flüchtlinge im Fokus“
Steffen Bockhahn (Linke) sorgt sich um unbegleitete Minderjährige und Familien. Deshalb will er sie nicht im Rostocker Stadtteil Groß Klein unterbringen.
taz: Herr Bockhahn, wie unsicher ist Groß Klein für Flüchtlinge?
Steffen Bockhahn: Tatsache ist, dass es in den letzten zweieinhalb Monaten immer wieder Anfeindungen und Provokationen gegenüber minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen gab.
Was meinen Sie mit Anfeindungen?
Es gab immer wieder verbale und auch tätliche Auseinandersetzungen, Stalkings und es gab dann auch unangemessene Reaktionen der Jugendlichen, die man nachvollziehen, aber nicht akzeptieren kann. Als mehrere Menschen deutscher Herkunft am vorletzten Wochenende versuchten, wieder in das Begegnungszentrum einzudringen, traf die Polizei die Aussage, dass es zunehmend schwieriger sei, die Sicherheit zu gewährleisten.
Und deshalb haben Sie verfügt, die Jugendlichen umzusiedeln?
Das ist eine hochbrisante Geschichte in einem Stadtteil, in dem wir ohnehin einen sehr hohen Ausländeranteil haben, zumindest im Rostocker Maßstab. Es ist bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen so, dass ich persönlich dafür verantwortlich bin, dass den Jugendlichen nichts passiert.
Nun wurde ein weiteres Projekt gestoppt.
Eine Unterkunft für Großfamilien, in der vermutlich vor allem Familien mit Migrationshintergrund untergebracht worden wären, wurde nicht eröffnet. Es gibt diese Einrichtung noch nicht, wir haben jetzt beschlossen, sie an diesem Standort nicht zu eröffnen.
37, ist Sozialsenator in Rostock. Er war Landeschef der Linken in Mecklenburg-Vorpommern und bis 2013 Mitglied des Bundestags
Der Trägerverein der geplanten Familienunterkunft bezeichnet Ihre Entscheidung als Fehler, weil man vor den Rechten zurückweiche.
Das darf der Träger gern so sehen. Ich kann nur sagen, dass der Innenminister dieses Landes laut hörbar für alle erklärt hat, dass er nicht dafür ist, an diesem Standort unbegleitete minderjährige Ausländer zu betreuen, und dass die Wahrscheinlichkeit, dass er einem Familienzentrum dort zustimmen würde, sich im Rahmen hält. Er ist für die Sicherheit zuständig.
Aber Sie entscheiden, oder?
Ich glaube, dass man Familien keinen Gefallen täte, wenn man sie an dieser Stelle zum Kristallisationspunkt für Fremdenfeindlichkeit macht.
Die Gefahr ist doch, dass man so signalisiert, man müsse nur laut genug gegen Flüchtlinge protestieren, dann kommen sie auch nicht.
Die Gefahr besteht. Daraus mache ich kein Geheimnis. Und das ist einer der Gründe, weshalb ich mich mit dieser Entscheidung sehr schwergetan habe und sehr schwertue. Aber: ich muss im Fokus auch das Wohl der Flüchtlinge und der Familien haben. Und diese bewusst einer Bedrohung auszusetzen wäre nicht gut.
Was passiert mit den Jugendlichen?
Ich habe nicht gesagt, dass in Groß Klein keine minderjährigen unbegleiteten Ausländer mehr betreut werden. Sondern bis auf Weiteres.
Das heißt, die Minderjährigen kommen wieder zurück?
Das ist mein Ziel. Aber dafür muss die Sicherheitslage akzeptabel sein.
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