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Sozialsenator über Heim in Rostock„Das Wohl der Flüchtlinge im Fokus“

Steffen Bockhahn (Linke) sorgt sich um unbegleitete Minderjährige und Familien. Deshalb will er sie nicht im Rostocker Stadtteil Groß Klein unterbringen.

Die Kanzlerin hatte schon 2015 bei einem Besuch in Rostock das Wohl der Flüchtlinge im Blick Foto: dpa
Anna Lehmann
Interview von Anna Lehmann

taz: Herr Bockhahn, wie unsicher ist Groß Klein für Flüchtlinge?

Steffen Bockhahn: Tatsache ist, dass es in den letzten zweieinhalb Monaten immer wieder Anfeindungen und Provokationen gegenüber minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen gab.

Was meinen Sie mit Anfeindungen?

Es gab immer wieder verbale und auch tätliche Auseinandersetzungen, Stalkings und es gab dann auch unangemessene Reaktionen der Jugendlichen, die man nachvollziehen, aber nicht akzeptieren kann. Als mehrere Menschen deutscher Herkunft am vorletzten Wochenende versuchten, wieder in das Begegnungszentrum einzudringen, traf die Polizei die Aussage, dass es zunehmend schwieriger sei, die Sicherheit zu gewährleisten.

Und deshalb haben Sie verfügt, die Jugendlichen umzusiedeln?

Das ist eine hochbrisante Geschichte in einem Stadtteil, in dem wir ohnehin einen sehr hohen Ausländeranteil haben, zumindest im Rostocker Maßstab. Es ist bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen so, dass ich persönlich dafür verantwortlich bin, dass den Jugendlichen nichts passiert.

Nun wurde ein weiteres Projekt gestoppt.

Eine Unterkunft für Großfamilien, in der vermutlich vor allem Familien mit Migrationshintergrund untergebracht worden wären, wurde nicht eröffnet. Es gibt diese Einrichtung noch nicht, wir haben jetzt beschlossen, sie an diesem Standort nicht zu eröffnen.

Die Linke
Im Interview: Steffen Bockhahn

37, ist Sozialsenator in Rostock. Er war Landeschef der Linken in Mecklenburg-Vorpommern und bis 2013 Mitglied des Bundestags

Der Trägerverein der geplanten Familienunterkunft bezeichnet Ihre Entscheidung als Fehler, weil man vor den Rechten zurückweiche.

Das darf der Träger gern so sehen. Ich kann nur sagen, dass der Innenminister dieses Landes laut hörbar für alle erklärt hat, dass er nicht dafür ist, an diesem Standort unbegleitete minderjährige Ausländer zu betreuen, und dass die Wahrscheinlichkeit, dass er einem Familienzentrum dort zustimmen würde, sich im Rahmen hält. Er ist für die Sicherheit zuständig.

Aber Sie entscheiden, oder?

Ich glaube, dass man Familien keinen Gefallen täte, wenn man sie an dieser Stelle zum Kristallisationspunkt für Fremdenfeindlichkeit macht.

Die Gefahr ist doch, dass man so signalisiert, man müsse nur laut genug gegen Flüchtlinge protestieren, dann kommen sie auch nicht.

Die Gefahr besteht. Daraus mache ich kein Geheimnis. Und das ist einer der Gründe, weshalb ich mich mit dieser Entscheidung sehr schwergetan habe und sehr schwertue. Aber: ich muss im Fokus auch das Wohl der Flüchtlinge und der Familien haben. Und diese bewusst einer Bedrohung auszusetzen wäre nicht gut.

Was passiert mit den Jugendlichen?

Ich habe nicht gesagt, dass in Groß Klein keine minderjährigen unbegleiteten Ausländer mehr betreut werden. Sondern bis auf Weiteres.

Das heißt, die Minderjährigen kommen wieder zurück?

Das ist mein Ziel. Aber dafür muss die Sicherheitslage akzeptabel sein.

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3 Kommentare

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  • Sollen Flüchtlinge als strategischer Rammbock gegen Nazis eingesetzt werden?

     

    Kriegsflüchtlinge brauchen eine Umgebung, wo sie sich keiner Bedrohung ausgesetzt fühlen müssen. Sie in eine Nazizone stecken zu wollen, ist verantwortungslos und dumm. Wer gegen Nazis aufbegehren will, soll dies bitte persönlich tun und nicht Leute, die damit gar nichts zu tun und die schon genug gelitten haben, dafür instrumentalisieren. Der linke Stammtisch verfügt wohl über genau so viel Einfühlungsvermögen wie der rechte.

  • Man kann das Naziproblem nicht lösen, indem man Flüchtlinge ihren Angriffen aussetzt.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Nein, man kann "das Naziproblem nicht lösen, indem man Flüchtlinge [...] Angriffen aussetzt". Man kann auf die Art höchstens dafür sorgen, dass es was zu berichten gibt.

       

      Dass ich mir mit dieser Bemerkung neue Freunde mache bei der taz, glaube ich nicht. Schuld, schließlich, ist immer die Schuld der Anderen. (Oder war das doch die Freiheit?)

       

      Übrigens: Es geht hier um eine RISIKO. Dass was Dramatisches geschehen wäre, steht gar nicht fest. So wenig, wie fest steht, dass niemand zu Schaden gekommen wäre. An dieser Stelle würde es womöglich helfen, eine Münze zu werfen, denn wissen kann weder die taz etwas genau, noch der Innenminister oder der Senator.

       

      Das Problem, um das es hier geht, ist ein Gespenst. Eins, das um so größer wirkt, je näher einer dran ist. Anna Lehmann ist vergleichsweise weit weg. Ihr scheint das Risiko vertretbar, weil sie keins der Kinder kennt, die in das Haus gezogen oder vor Ort betreut worden wären, und auch nicht wiedergewählt werden will. Sie kann also gut mutig sein. Herr Bockhahn ist deutlich dichter dran. Deswegen ist für ihn der Geist ein wenig größer. Dass er deswegen feiger wäre, ist damit nicht gesagt. Das kann Frau Lehmann in der taz zwar mal behaupten, beweisen kann sie's aber nicht. Sie muss drauf hoffen, dass ihr ihre LeserInnen glauben. Was mich daran nun stört, ist: Glauben ist was für die Religion. Die Zeitung soll mich informieren.