Sozialhilfe für EU-Ausländer: Bundestag beschließt Einschränkung
Künftig haben nicht arbeitende EU-Ausländer erst nach fünf Jahren Anspruch auf Sozialleistungen. Als „Verrat an der europäischen Idee“ kritisiert dies die Opposition.
Künftig besteht für sie erst nach fünf Jahren ein Leistungsanspruch gemäß den Sozialgesetzbüchern II und XII, „nach eingetretener Verfestigung des Aufenthaltes“, wie es im Gesetz heißt. Bisher steht Zuwanderern ohne Arbeit nach einem halben Jahr Aufenthalt in Deutschland Sozialhilfe zu. Dafür müssen die Kommunen und Landkreise aufkommen. Städte und Gemeinden drängten daher auf eine gesetzliche Neuregelung, die ihre Ausgaben für Sozialleistungen senkt.
Das Bundeskabinett hatte bereits Mitte Oktober den Gesetzentwurf von Nahles gebilligt. Die Neuregelung sieht vor, dass hilfebedürftige Ausländer im Zeitraum bis zur Ausreise für einen Monat eine Überbrückungsleistung für Ernährung und Unterkunft erhalten sollen sowie die Kosten für die Rückreise erstattet bekommen können.
Nahles hatte seinerzeit betont, wer hier lebe, arbeite und Beiträge zahle, habe auch Anspruch auf Sozialleistungen. Wer jedoch nie gearbeitet habe und auf staatliche Leistungen angewiesen sei, müsse diese in seinem Heimatland beantragen.
Reaktion auf das Bundessozialgericht
Mit dem Gesetz reagierte die Bundesregierung auf Urteile des Bundessozialgerichts vom Dezember 2015. Die obersten Sozialrichter hatten entschieden, dass EU-Bürger zwar keine Hartz-IV-Leistungen beanspruchen können, wenn sie zur Arbeitssuche nach Deutschland einreisen, dann aber keine Arbeit finden. Es stehe ihnen aber nach sechs Monaten Sozialhilfe zu.
Die Opposition lehnt die Einschränkung der Sozialhilfeleistungen für EU-Bürger ab. Die Grünen plädieren dafür, dass EU-Ausländer bereits ab dem vierten Monat ihres Aufenthalts Anspruch auf Hartz IV haben sollten. Die Linksfraktion beklagte, die Regierung verrate die europäische Idee. Das Grundrecht auf die Sicherung des Existenzminimums müsse für alle Menschen in Deutschland gelten.
Kritik kam jüngst auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, der in einer Anhörung des Parlaments von einem Tabubruch sprach. Es sei nicht akzeptabel, Menschen, die sich legal in Deutschland aufhalten, fünf Jahre lang von existenzsichernden Sozialleistungen auszuschließen.
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