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Sozialhilfe für EU-AusländerNahles will Zugang begrenzen

Für Nicht-EU-Bürger in Deutschland soll der Anspruch auf Sozialhilfe frühestens nach fünf Jahren bestehen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Arbeitsministerin vor.

Kommende Woche wird ihr Entwurf dem Kabinett vorgelegt: Arbeitsministerin Andrea Nahles Foto: dpa

BERLIN dpa | EU-Bürger sollen in Deutschland frühestens nach fünf Jahren Hartz IV oder Sozialhilfe bekommen können, wenn sie hier nicht arbeiten. Ein entsprechender Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist zwischen den Ressorts ausverhandelt und soll nächste Woche im Kabinett beschlossen werden. Das berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf Kreise des Arbeitsministeriums.

Grundsätzlich soll auf diese Weise eine Zuwanderung ins deutsche Sozialsystem unterbunden werden, vor allem aus osteuropäischen EU-Staaten. Nahles hatte die Änderungen bereits Ende 2015 angekündigt. Im April verteidigte sie ihren Gesetzentwurf gegen Kritik. Die Ressortabstimmung dauerte nach Informationen der Funke-Zeitungen deshalb so lange, weil Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ursprünglich noch Verschärfungen verlangt hatte.

Die Gesetzespläne sehen vor, dass EU-Bürger künftig grundsätzlich von Hartz IV und Sozialhilfe ausgeschlossen sind, wenn sie nicht in Deutschland arbeiten oder durch vorherige Arbeit Ansprüche aus der Sozialversicherung erworben haben. Erst wenn sich der Aufenthalt nach einem Zeitraum von fünf Jahren „verfestigt“ hat, sollen Zuwanderer Sozialhilfe bekommen. Nahles hatte im April betont, dass von dem Gesetz nur einige wenige Menschen betroffen seien. Sie habe dieses Schlupfloch aber rechtzeitig schließen wollen.

Die Arbeitsministerin reagiert damit auf ein Urteil des Bundessozialgerichts. Die Richter kamen vergangenes Jahr zu dem Schluss, dass EU-Bürger bei einem Aufenthalt ab sechs Monaten in Deutschland Hilfen zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe beantragen können. Die Kommunen befürchteten deshalb erhebliche Mehrbelastungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich damals grundsätzlich hinter die Nahles-Pläne gestellt.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund dringt auf eine schnelle Verabschiedung des Gesetzes. „Die derzeitigen Regelungen und die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes können dazu führen, Deutschland für Zuwanderungswillige im Ausland noch attraktiver machen als es ohnehin schon ist“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) bezogen im Januar hierzulande knapp 440.000 Menschen aus anderen EU-Staaten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Polnische Staatsangehörige bildeten mit rund 92 .000 Leistungsbeziehern die größte Gruppe, es folgten Italiener (71. 000), Bulgaren (70 .000), Rumänen (57. 000) und Griechen (46 .000). Aber längst nicht alle dieser Menschen sind arbeitslos. Viele von ihnen sind Niedrigverdiener, die Lohn mit Sozialleistungen aufstockten. Auffallend hoch ist der Anteil an „Aufstockern“ bei Bulgaren und Rumänen.

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7 Kommentare

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  • "Aber längst nicht alle dieser Menschen sind arbeitslos. Viele von ihnen sind Niedrigverdiener, die Lohn mit Sozialleistungen aufstockten." /Zitat)

     

    Und die SPD hat sich das ausgedacht: EIn Mensch arbeitet unter seinem Kostenniveau und geht dann zum Jobcenter und holt sich dort den Rest, sprich der Staat subventioniert in Deutschland Ausbeuterbetriebe. Ohne Aufstocken müsste sich Nahles das gar nicht erst ausdenken, weil es gar nicht vorkommen würde.

     

    Und wo arbeiten die Rumänen und Bulgaren?

     

    Oft auf Schlachthöfen, wo sie die Fleischpreise niedrig halten und unter unglaublichen Bedingungen arbeiten. Weil durch Discounter und Sparmentalität kaum ein Deutscher bereit ist, für Fleisch einen anständigen Preis zu bezahlen. Und weil er es gar nicht muss, dank dem Aufstocken.

     

    Der Punkt ist doch, dass der Staat diese Optionen erst geschaffen hat. Und zwar mit dem Ziel, jede Arbeit ist gut, jedes Einkommen ist gut und Gerechtigkeit ist ein Fremdwort auf dem Arbeitsmarkt für einfache Arbeiten. Dank Zuwanderung gibt es in Deutschland einen drastischen Überschuss an ungelernten Arbeitskräften - es wird so weiter gehen.

     

    Und die landen dann beim Jobcenter und beim Aufstocken. Würde es das nicht geben, müssten die Betriebe fairere Löhne bezahlen und der Staat müsste nicht miese Arbeit bezuschussen.

     

    Aber er will das ja unbedingt, insofern ist das lachhaft, was Andrea Nahles hier will.

     

    Und es wird auch wenig bringen. Viele solcher Arbeitskräfte werden dann einfach andere Lösungen suchen, etwa den Winter in der Heimat bleiben, Zelten, noch mehr Menschen in eine Wohnung zwängen etc.

  • Und schon streitet man sich darum wer als nächstes AfD spielen darf. Die besonderst regierungstaugliche und weitsichtige CSU hat es vorgemacht und nun springen CDU und SPD schnell auf den Wagen bevor die ganzen griffigen Lösungen beansprucht sind.

     

    Ich bin jetzt offiziell der Politik verdrossen!

    • @Chaosarah:

      Das nennt man wohl treffender Politikverdroschenheit.

  • "Für Nicht-EU-Bürger" steht im Untertitel, in der dpa-Mitteilung geht es um EU-Bürger: "EU-Bürger sollen in Deutschland", "vor allem aus osteuropäischen EU-Staaten"

     

    Müsste nun im Untertitel eher heißen "Nicht-Deutsche-EU-Bürger" oder schlicht auch EU-Bürger.

  • "Die Richter kamen vergangenes Jahr zu dem Schluss, dass EU-Bürger bei einem Aufenthalt ab sechs Monaten in Deutschland Hilfen zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe beantragen können."

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    Bei der Lage wir mMn. Nahles Gesetzentwurf genau so lange halten, wie der Rechtsweg zum EuGH dauert.

     

    "Die Kommunen befürchteten deshalb erhebliche Mehrbelastungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich damals grundsätzlich hinter die Nahles-Pläne gestellt."

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    Die "Kommunen"? Harzt IV für EU-Ausländer ist eine Folge des Handels der Bundesregierung. Der BUND müsste folgerichtig die Kosten dafür übernehmen, denn er hat, wie in vielen anderen Bereichen Entscheidungen getroffen&Gesetze erlassen, die DRITTE hier die Kommunen belasten!

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    Meint Sikasuu

    • @Sikasuu:

      Sie schreiben u. a.: "Die "Kommunen"? Harzt IV für EU-Ausländer ist eine Folge des Handels der Bundesregierung. Der BUND müsste folgerichtig die Kosten dafür übernehmen, denn er hat, wie in vielen anderen Bereichen Entscheidungen getroffen&Gesetze erlassen, die DRITTE hier die Kommunen belasten!"

       

      Dieses Verfahren wird von der Bundesregierung seit langem recht gerne angewandt: Gesetze und Verordnungen auf Bundesebene beschließen - Städte und Gemeinden bzw. die Bundesländer "dürfen" dafür zahlen.

  • Sicherlich eine vernünftige Maßnahme, um die Attraktivität des deutschen Sozialsystems und damit dessen Belastung durch den Zuzug von EU-Bürgern zu reduzieren.