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Sozialarbeiter über Obdachlosigkeit„Viel Stress in Mehrbettzimmern“

Am 1. April endet in Hamburg das Winternotprogramm für Obdachlose. Das Aktionsbündnis Wohnungsnot fordert für die Zukunft Unterkünfte mit Einzelzimmern.

Kein Ort, um zur Ruhe zu kommen: Zimmer des Hamburger Winternotprogramms im Jahr 2020 Foto: dpa | Daniel Bockwoldt
Interview von Anna Lindemann

taz: Erik Horn, was bedeutet es für obdachlose Menschen, wenn das städtische Winternotprogramm endet?

Erik Horn: Die meisten müssen wieder auf der Straße schlafen. Es gibt natürlich Notunterkünfte, die werden aber von vielen vermieden.

Warum?

Die sind oft überlastet, die hygienischen Bedingungen schlecht und es gibt nur Mehrbettzimmer. Wir bekommen vor allem von jungen Menschen häufig die Rückmeldung, dass es dort viel Stress gibt. Zur Ruhe kommen kann da niemand.

Von wie vielen Menschen sprechen wir da?

Die Zahlen von 2023 zeigen: Fast 3.000 Menschen haben das Winternotprogramm benutzt. Nur zwei konnten anschließend Wohnraum vermittelt bekommen, nur 67 weitere sind in Unterkünfte gezogen. Das macht klar, dass wir ein Problem haben.

Mit Ihrer Aktion wollen Sie darauf aufmerksam machen.

Genau, wir wollen uns mit einem Zeichen an die Öffentlichkeit richten. Vergangenes Jahr haben wir zum Beispiel eine Tombola organisiert. Pas­san­t*in­nen konnten Lose ziehen, der Hauptgewinn war ein Termin zur Wohnungsbesichtigung mit 500 anderen Menschen. Dieses Jahr wollen wir Zelte aufstellen, Schlafsäcke auslegen und plakativ zeigen, was es bedeutet, auf der Straße zu schlafen.

Bild: privat
Im Interview: Erik Horn

arbeitet seit rund 25 Jahren als Sozialarbeiter auf der Straße, aktuell bei der Hude-Beratungsstelle für junge Obdachlose.

Wäre es eine Lösung, das Winternotprogramm das ganze Jahr offen zu haben?

Das Notprogramm schützt Menschen ja in erster Linie vor dem Erfrieren, tagsüber müssen die Menschen wieder auf die Straße. Das ist auch im Sommer keine ideale Lösung: Wenn Menschen sich stabilisieren müssen, brauchen sie einen zuverlässigen Aufenthalt. Das Notprogramm also einfach ganzjährig offen zu lassen, würde nicht ausreichen.

Was fordern Sie?

Wir wünschen uns bessere Unterkünfte mit Einzelzimmern für alle, die in Hamburg den Bedarf haben. Davon gibt es schlicht zu wenig, oft müssen Menschen monatelang auf einen Platz warten. Die Unterbringung in Mehrbettzimmern führt zu Belastungen der Nut­ze­r*in­nen und dazu, dass viele eine Übernachtung draußen vorziehen. Und wir fordern, dass viel mehr in sozialen Wohnraum investiert wird, auch für diejenigen, die noch kein dauerhaftes Bleiberecht haben. Stattdessen werden sie verstärkt von Polizisten und Ordnungskräften aus dem Innenstadtbereich weggewiesen. Das ist nicht der richtige Weg!

Die Kundgebung

Kundgebung des Hamburger Aktionsbündnisses gegen Wohnungsnot, vor dem Hauptbahnhof Hamburg, Ausgang Wandelhalle/Spitalerstraße, 2. 4., 11 Uhr

In Niendorf, einem Stadtteil am Stadtrand, kritisieren wiederum viele, dass pflegebedürftige Obdachlose nun dort untergebracht werden.

Ich würde mir wünschen, dass die Menschen ihre Angst verlieren. Es braucht in jedem Stadtteil Unterkünfte für obdachlose Menschen, ganz besonders solche, die einen pflegerischen Bedarf abdecken. Aber nicht nur die besonders Kranken sind auf Unterkünfte angewiesen. Ein obdachloser Mensch ist immer besonders vulnerabel, auch wenn er faktisch gesund ist. Wenn man keine Wohnung, keine Privatsphäre hat, ist das eine hoch verletzliche Situation.

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