piwik no script img

Soundcheck

Gehört: Richie Beirach/Gregor Huebner feat. Detlev Beier. Der schwere, samtblaue Vorhang hinter der Bühne erinnert an das Allerheiligste in Synagogen. Davor ein feuerroter Flügel, der des Pianisten Argwohn weckt. Beim Eröffnungskonzert der Jazzwoche im Atrium sparte der Pianist Beirach denn auch nicht mit Anmerkungen zu seinem Instrument, da auch die Arbeit des Klavierstimmers im schnell überhitzten Raum nicht lange vorhielt.

Die religiösen Assoziationen treffen den Charakter von Beirachs Musik allerdings gut. Aus einer beinahe hymnischen Grundhaltung entfaltet er seine Kompositionen. Mit seinem Duo-Partner Gregor Huebner auf der Violine stellte der New Yorker Stücke ihrer neuen CD „Round about Bartok“ vor. Die Bearbeitungen gehen auf die Musik von Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, die selbst auf Volkslieder zurückgeht, die Bartok im Feld sammelte.

Wie deutlich Beirach in der Tradition des modalen Jazz steht, zeigten im zweiten Set Standards von Bill Evans und Miles Davis. Aber ohne an Tiefe zu verlieren, verfiel Beirach nicht in Evans' schwermütige Stimmung. Er hat im Unterschied zu seinem Vorgänger die Kurve gekriegt. Hier scheint durch, wie auch mit den Mitteln des Mainstream von mehr als nur Happy-go-Lucky erzählt werden kann.

Modaler Jazz und Volksmusik-Melodien gehen auch im zweiten Instrument auf. Die Geige ist im Jazz ja ein eher unbeliebtes Instrument, weil sie dem Swing aus Prinzip entgegensteht. Umso besser kann sich Huebner hier mit den emotionalen Melodien einbringen, vor allem, wenn er nicht gezwungen ist, über Rhythm Changes zu improvisieren, sondern freier ausgreifen kann. Dann zieht er die Zuhörer in seinen Bann, dann lohnt es sich, mehr zu hören als nur die CD. Tobias Richtsteig

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen