Sondierungen in Berlin gestartet: Erst Grün, dann Rot
Am Freitag begann die Berliner SPD mit ihren Sondierungen. Grüne sprechen von einem konstruktiven Austausch.
Fünf Tage nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus haben am Freitag die ersten Sondierungsgespräche begonnen. Ein fünfköpfiges Team um SPD-Landeschefin und Spitzenkandidatin Franziska Giffey traf sich morgens mit den grünen Landeschefs Werner Graf und Nina Stahr sowie Spitzenkandidatin Bettina Jarasch. Das Treffen in der Weddinger SPD-Zentrale war auf fünf Stunden angesetzt. Um 16 Uhr – also nach Redaktionsschluss dieser Seite – wollte die SPD die Sondierungen mit der Linken aufnehmen.
Zu Beginn des Treffens gab sich Grünen-Chef Graf optimistisch, dass es zu einer Neuauflage der Koalition aus SPD, Grünen und Linken kommt. „Wenn man die Wahlprogramme nebeneinanderlegt, dann sieht man: Die größten Schnittmengen sind zwischen Rot, Grün, Rot“, sagte Graf dem Inforadio des RBB.
„Wir haben uns sehr gut vorbereitet, um unsere Schwerpunktthemen anhand unseres Wahlprogramms zu besprechen“, sagte Giffey vor Beginn der Sondierungen. Neben Themen wie Bauen, Bildung, Wirtschaft, Verwaltung, Sicherheit gehe es um „Querschnittsthemen wie Klimaschutz, die vielfältige, familienfreundliche, lebenswerte und zukunftsfähige Stadt“.
Zweites Treffen vereinbart
Als Franziska Giffey und die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch nach den Sondierungen vor die Presse traten, lobten sie die Atmosphäre. Jarasch sprach von einem konstruktiven Austausch. „Bei manchen Themen gab es auch Konfliktpunkte“, sagte sie. „Wir haben sehr konstruktiv darüber gesprochen und lösungsorientiert. Und es hat sich gezeigt, es kann Lösungen geben. Ich sehe kein Thema, wo es keine Lösungen geben kann.“ Nächste Woche wollten sich beide Seiten erneut treffen.
Die SPD hatte am Sonntag die Wahl zum Abgeordnetenhaus gewonnen. Sie kam auf 21,4 Prozent der Stimmen und blieb damit stärkste Partei. Mit 18,9 Prozent belegten die Grünen Platz zwei, gefolgt von der CDU mit 18.1 Prozent. Die AfD erreichte 8, die FDP 7,2 Prozent. Wie schon von 2016 bis 2021 braucht es für die Bildung einer Mehrheit im Landesparlament ein Dreierbündnis. Möglich wären dabei sowohl eine Fortsetzung der bisherigen Koalition, aber auch eine Deutschlandkoalition aus SPD, CDU und FDP oder eine Ampel mit SPD, Grünen und FDP.
Nach den Sondierungsgesprächen mit Grünen und Linken will die SPD am Montag mit der CDU und der FDP sprechen. Mitte Oktober sollen die Sondierungen abgeschlossen sein. Dann will der Landesvorstand der SPD entscheiden, mit welchen Parteien Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden. Eine Forderung von vier Kreisverbänden nach Einberufung eines außerordentlichen Landesparteitags lehnte Franziska Giffey ab. Einen Parteitag soll es nach ihrem Willen erst am 5. Dezember geben. Dann soll der Koalitionsvertrag, mit wem auch immer, abgestimmt werden. Noch vor Weihnachten könnte Giffey dann zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren