Sondersitzung im sächsischen Landtag: Polizeieinsatz in Chemnitz gelobt
Sachsens Innenminister Wöller hat den Polizeieinsatz in Chemnitz verteidigt. Nach einer Sondersitzung gibt es keine Rücktrittsforderungen mehr.
Die Sondersitzung war auf Verlangen der Bündnisgrünen-Fraktion im Sächsischen Landtag einberufen worden. Die Opposition und Medien werfen der Polizeiführung vor, auf Warnungen des Verfassungsschutzes nicht rechtzeitig eingegangen zu sein. Der hatte bereits 13 Uhr prognostiziert, dass bis zu 5 000 Rechte aus verschiedensten Bundesländern anreisen könnten. Diese Prognose bestätigte sich.
Erst 18 Uhr erging eine Regelanfrage an die Bundespolizei, als das Ausmaß der Kundgebung der Initiative „Pro Chemnitz“ sichtbar wurde. Nach internen Informationen hätten Hundertschaften beispielsweise aus dem Norden der Republik auch per Hubschrauber frühestens 20 Uhr eintreffen können, als die Situation bereits eskalierte.
Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Bündnisgrünen, wollte die bereits vorsichtig geäußerte Forderung nach einem Rücktritt des Innenministers am Montag nicht ausdrücklich wiederholen. Er warf Wöller aber „Realitätsverweigung“ vor. Der Minister sei nur dann weiterhin tragbar, wenn er die „Erosionserscheinungen“ in Polizei und Rechtsstaat beseitige. Auch Linken-Innenpolitiker Enrico Stange empfahl dem Innenminister nur, „über personelle Konsequenzen nachzudenken“. Wie er später erläuterte, meinte er damit aber eher den Landespolizeipräsidenten oder die Chemnitzer Polizeidirektion.
Die Polizei müsse aber für künftige vergleichbare Ereignisse unbedingt ihre Lageprognosen verbessern, forderte Stange. Innenminister Wöller räumte ein, dass sich „Großlagen“ bei Demonstrationen oder Fußballspielen häufen. Die Haushaltmittel, die für mehr Polizeistellen im kommenden Doppelhaushalt zur Verfügung stehen sollen, werden allerdings erst in einigen Jahren wirksam. Die CDU-Landtagsfraktion stellte sich vorbehaltlos hinter ihren Innenminister. Der lehnte eine Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz nach dem Chemnitzer Schulterschluss mit Rechtsextremisten zwar ab, sprach aber von einzelnen Personen, die eine solche Beobachtung rechtfertigen würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker