Sondergipfel zum Putsch in Niger: Westafrika droht mit Gewalt
Regionalgemeinschaft Ecowas fordert Wiedereinsetzung des legitimen Präsidenten Bazoum binnen einer Woche. Sonst droht eine Militärintervention.
Sollte dies nicht innerhalb einer Woche geschehen, werde Ecowas „alle notwendigen Maßnahmen“ ergreifen, erklärte Ecowas-Kommissionspräsident Omar Alieu Touray am Sonntagnachmittag zum Abschluss eines Sondergipfels in Nigerias Hauptstadt Abuja.
„Solche Maßnahmen können den Einsatz von Gewalt beinhalten“, stellte Alieu Touray klar und gab bekannt, die Stabschefs der Ecowas-Mitgliedsstaaten würden „unverzüglich“ zusammenkommen. Bazoum bleibe der „legitime“ Staatschef Nigers und seine „illegale Festsetzung“ sei eine „Geiselsituation“. Diese Wortwahl öffnet die Tür zu einer Militärintervention zugunsten Bazoums.
Ebenso verhängte die Ecowas harte Sanktionen gegen Niger, das aus sämtlichen Wirtschaftstransaktionen ausgeschlossen wird. Tschads Präsident Mahamat Déby, der an dem Gipfel teilnahm, wurde nach Niger entsandt, um die Beschlüsse des Gipfels persönlich zu übermitteln.
Die letzte Ecowas-Intervention war 2017 in Gambia
Am Freitag hatte sich in Niger der Chef der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tchiani, zum neuen Präsidenten ausgerufen. Die Garde hatte am Mittwoch Bazoum festgenommen und am Donnerstag hatte eine Gruppe von Generälen die Machtergreifung einer Militärjunta namens „Nationalrat zur Rettung des Vaterlandes“ (CNSP) erklärt.
Bazoum hat allerdings nicht in seinen Rücktritt eingewilligt und der Putsch ist international nicht anerkannt worden. Die Afrikanische Union (AU) setzte Nigers Militär am Freitag eine Frist von 15 Tagen, um die Macht zurückzugeben.
Eine Ecowas-Militärintervention gab es zuletzt 2017 in Gambia. Als der dortige Militärherrscher Yahya Jammeh seine Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen von 2016 nicht anerkannte, setzte eine von Senegal geführte Ecowas-Truppe den Wahlsieger Adama Barrow in sein Amt ein. Die Intervention dauert formal bis heute an.
Frankreich droht mit Reaktion
In Niger wäre eine solche Aktion ungleich schwerer, nicht nur wegen der Größe des Landes. Nigers Putschisten können auch auf Unterstützung ihrer Amtskollegen in Mali und Burkina Faso zählen.
Dazu kommt: In Niger sind bereits jeweils über 1.000 Soldaten aus Frankreich und den USA stationiert, ebenso eine EU-Militärmission und deutsche Soldaten, die den laufenden Bundeswehrabzug aus Mali abwickeln. All ihre Regierungen müssen jetzt klären, wie sie sich im Falle eines Ecowas-Eingreifens verhalten.
Nigers Militärjunta kritisierte den Ecowas-Gipfel bereits vor seinem Beginn als Treffen, auf dem ein „Angriffsplan“ gegen Niger verabschiedet werden solle. In Niamey versammelten sich Befürworter des Putsches vor der Botschaft Frankreichs, das als Drahtzieher der Ecowas gesehen wird. Das Eingangstor des Botschaftsgeländes wurde angezündet.
Frankreich drohte mit einer „sofortigen und gnadenlosen“ Reaktion, sollten seine Staatsbürger zu Schaden kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid