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Sondergipfel zum Putsch in NigerWestafrika droht mit Gewalt

Regionalgemeinschaft Ecowas fordert Wiedereinsetzung des legitimen Präsidenten Bazoum binnen einer Woche. Sonst droht eine Militärintervention.

Die Spannung steigt: Putschbefürworter legen Feuer am Eingang von Frankreichs Botschaft in Niamey Foto: reuters

Berlin taz | Die westafrikanische Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) hat den Putschisten in Niger ein Ultimatum gestellt, um die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen und Präsident Mohamed Bazoum zurück in sein Amt einzusetzen.

Sollte dies nicht innerhalb einer Woche geschehen, werde Ecowas „alle notwendigen Maßnahmen“ ergreifen, erklärte Ecowas-Kommissionspräsident Omar Alieu Touray am Sonntagnachmittag zum Abschluss eines Sondergipfels in Nigerias Hauptstadt Abuja.

„Solche Maßnahmen können den Einsatz von Gewalt beinhalten“, stellte Alieu Touray klar und gab bekannt, die Stabs­chefs der Ecowas-Mitgliedsstaaten würden „unverzüglich“ zusammenkommen. Bazoum bleibe der „legitime“ Staatschef Nigers und seine „illegale Festsetzung“ sei eine „Geiselsituation“. Diese Wortwahl öffnet die Tür zu einer Militärintervention zugunsten Bazoums.

Ebenso verhängte die Ecowas harte Sanktionen gegen Niger, das aus sämtlichen Wirtschaftstransaktionen ausgeschlossen wird. Tschads Präsident Mahamat Déby, der an dem Gipfel teilnahm, wurde nach Niger entsandt, um die Beschlüsse des Gipfels persönlich zu übermitteln.

Die letzte Ecowas-Intervention war 2017 in Gambia

Am Freitag hatte sich in Niger der Chef der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tchiani, zum neuen Präsidenten ausgerufen. Die Garde hatte am Mittwoch Bazoum festgenommen und am Donnerstag hatte eine Gruppe von Generälen die Machtergreifung einer Militärjunta namens „Nationalrat zur Rettung des Vaterlandes“ (CNSP) erklärt.

Bazoum hat allerdings nicht in seinen Rücktritt eingewilligt und der Putsch ist international nicht anerkannt worden. Die Afrikanische Union (AU) setzte Nigers Militär am Freitag eine Frist von 15 Tagen, um die Macht zurückzugeben.

Eine Ecowas-Militärintervention gab es zuletzt 2017 in Gambia. Als der dortige Militärherrscher Yahya Jammeh seine Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen von 2016 nicht anerkannte, setzte eine von Senegal geführte Ecowas-Truppe den Wahlsieger Adama Barrow in sein Amt ein. Die Intervention dauert formal bis heute an.

Frankreich droht mit Reaktion

In Niger wäre eine solche Aktion ungleich schwerer, nicht nur wegen der Größe des Landes. Nigers Putschisten können auch auf Unterstützung ihrer Amtskollegen in Mali und Burkina Faso zählen.

Dazu kommt: In Niger sind bereits jeweils über 1.000 Soldaten aus Frankreich und den USA stationiert, ebenso eine EU-Militärmission und deutsche Soldaten, die den laufenden Bundeswehrabzug aus Mali abwickeln. All ihre Regierungen müssen jetzt klären, wie sie sich im Falle eines Ecowas-Eingreifens verhalten.

Nigers Militärjunta kritisierte den Ecowas-Gipfel bereits vor seinem Beginn als Treffen, auf dem ein „Angriffsplan“ gegen Niger verabschiedet werden solle. In Niamey versammelten sich Befürworter des Putsches vor der Botschaft Frankreichs, das als Drahtzieher der Ecowas gesehen wird. Das Eingangstor des Botschaftsgeländes wurde angezündet.

Frankreich drohte mit einer „sofortigen und gnadenlosen“ Reaktion, sollten seine Staatsbürger zu Schaden kommen.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Seit mehr als 50 Jahren zählt Niger zu den ärmsten Ländern der Welt. Wen hat es interessiert? Größter Arbeitgeber war AREVA beim Abbau der Uranvorkommen. Davon hat die Bevölkerung des Landes aber nicht profitiert. Schändliche Arbeitsbedingungen und korrupte Regierungen - es hat niemanden interessiert. Aber Stabilität, ja! Erst mit der sogenannten Flüchtlingskrise, seit 2015, und dem Erstarken des islamistischen Terrors in der Sahelzone nach dem Regime Change in Libyen, militärisch forciert vom "wertegeleiteten Westen", scheint das arme Land plötzlich Stabilitätsfaktor in der Sahelzone und von Interesse zu sein. Ja, mit viel Geld wird die dortige Regierung animiert, dem wertegeleiteten Westen die Flüchtlinge vom Hals zu halten. Jetzt haben vielleicht die Leute dort die Schnauze voll vom "wertgeleiteten Westen" und auch vom Einfluss Frankreichs. Und löst es nun die Probleme dort, wenn jegliche humanitäre und entwicklungsfördernde Hilfe eingestellt wird? Wie kurzsichtig! Klar, die ECOWAS-Leaders haben Angst, dass Ähnliches in ihrem Land passieren könnte. Warum hören/lesen wir nichts über die Opposition im Senegal und deren Verhaftung, von den Entwicklungen der Übergangsregierung Assimi Goitas in Mali und in Burkina Faso? Was sagen die jeweiligen Bevölkerungen zu den Machtwechseln? Wurde Ähnliches in Osteuropa nicht "friedliche oder bunte Revolution" genannt?



    Ich finde unsere Berichterstattung, auch in der taz, zu oberflächlich.

  • Die Ankündigung der Ecowas im Lichte der UNO-Charta

    Zitat: „Solche Maßnahmen können den Einsatz von Gewalt beinhalten“



    Da droht also eine regionale Wirtschaftsorganisation offen mit militärischer Gewalt gegen einen souveränen UNO-Mitgliedstaat.

    Dazu die UNO-Charta: „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ (Art. 2,4)



    „Die abstrakte Gefahr durch einen "verrückten Diktator" oder ein "Schurkenregime" aber kann nach geltendem Völkerrecht in keinem Fall zu präventivem Eingreifen berechtigen. (bpd) Jegliche Intervention der Ecowas manu militari in Niger mit dem Ziel eines Regime Change wäre mithin eine Angriffshandlung gem. Art 3 UNO-Charta und erfüllte den Tatbestand der Aggression i.S. der UN-Resolution 3314 (XXIX).

    Daraus ergibt sich augenreibend die Frage, wo die Protestreaktion der UNO (oder der EU) nach der Ankündigung der Ecowas bleibt. Dies ist angesichts der fortgesetzten Aggression Rußlands gegen das souveräne UNO-Mitglied Ukraine um so unverständlicher. Befremdlich auch die Tatsache, über einen solchen Sachverhalt völlig meinungsneutral zu berichten, ohne auf die fehlende Reaktion der UNO hinzuweisen, geschweige zu erklären.

  • Macron geht grad mächtig die Düse.

    Und nein, er sprach nicht nur über "ressortissants", sondern über "la France et ses intérêts", die auch "l'armée", "diplomates" und "emprises françaises" beinhalten.

    Und damit ist Areva gemeint.

    Die Stromerzeugung Frankreichs (und anderer EU-Staaten, die auf AKW setzen) hängt neuerdings vom Wohlwollen Putins ab. Denn im Gegensatz zu Erdgas kriegt man für Uran nicht mal so eben andere Quellen.