Solaranlagen neuerdings aus Vietnam: Alle wollen sie, aber lieber nicht aus China
Solarinstallateur Enpal versucht unabhängiger von China zu werden und setzt auf Module aus Vietnam.

Das Problem betrifft große Teile der Branche. Die Installation von Solaranlagen in Deutschland boomt. Anders als Windkraft ist Sonnenenergie politisch nicht umstritten. Immer mehr Privatleute und Unternehmen wollen ihren eigenen Strom erzeugen, weil sie etwas gegen die Klimakrise tun und sich gegen steigende Energiepreise wappnen wollen. An der Installation und der Wartung der Anlagen verdienen einheimische Unternehmen wie Enpal. Hergestellt werden die Module aber überwiegend in China.
Anders als hierzulande wird in China die Solarmodulherstellung vom Staat seit Jahren massiv gefördert. Über Gemeinschaftsunternehmen mit europäischen Firmen haben sich die chinesischen das nötige Know-how besorgt. Die Folge: Heute produzieren chinesische Hersteller sehr große Mengen an Modulen, mit denen sie die europäischen Märkte zu sehr niedrigen Preisen fluten. Die europäischen Hersteller kämpfen ums Überleben.
Für viele Installateure von Solaranlagen und Dienstleister in dem Bereich läuft das Geschäft hingegen gut. Neben Enpal sind unter anderem 1Komma5Grad oder Enerix überregionale Anbieter. Außerdem gibt es zahlreiche lokale Handwerker:innen, die den Bau von Solaranlagen übernehmen.
Vietnam und Indien holen auf
Und die kommen zum allergrößten Teil aus Asien. „China wird auch der zentrale Markt bleiben“, sagt Henning Rath, Co-Geschäftsführer und Verantwortlicher für Enpals Lieferkette, der taz. Allerdings: Die Abhängigkeit von China kann schwierig werden, etwa wenn sich der Konflikt um Taiwan zuspitzt oder andere geopolitische Probleme entstehen. Deshalb hat Enpal begonnen, auch aus anderen Ländern Module zu beziehen.
Die jetzt gestarteten Lieferungen aus Vietnam ersetzen Unternehmensangaben zufolge 20 Prozent der bisherigen Importe aus China. „Vietnam hat eine starke Industriepolitik“, sagt Rath. Dort hat Enpal einen Partner, der produziert: das japanische Unternehmen VSUN Solar. Die beiden Firmen haben seit Ende 2023 gemeinsam Produktionsprozesse etabliert.
Enpal selbst stellt keine Module her und hat das auch künftig nicht vor. „Aber wir sind so nah dran, dass wir die Produktion begleiten“, erklärt Rath. So weiß das Unternehmen zum Beispiel, wo die einzelnen Materialien herkommen. „Wir möchten eine saubere Lieferkette haben“, sagt er. Die Produktionslinie umfasst nach Angaben von Enpal die gesamte Wertschöpfungskette von Polysilizium über Ingots und Wafern bis hin zu Zellen und fertigen Modulen.
Auch aus Indien will das Unternehmen perspektivisch Module beziehen. Indien hat ähnlich wie die USA ein großes Subventionsprogramm zum Aufbau erneuerbarer Energien aufgelegt und investiert viel Geld in eine aktive Industriepolitik. „Indien will sich von China lösen und selber entsprechende Technologien entwickeln“, erklärt Rath. Zurzeit entstehen dort große Produktionsstätten für Solarmodule. „Noch kann Indien den Weltmarkt nicht beliefern“, berichtet er.
Von der Größenordnung, in der produziert wird, hängen auch die Preise ab. Je mehr Module ein Unternehmen herstellt, desto billiger ist das einzelne Produkt. Erst wenn die indische Solarindustrie groß genug ist, lohnt sich für europäische Abnehmer der Einkauf. Enpal ist bereits mit Unternehmen dort im Gespräch. Für 2026 erwartet die Berliner Firma die ersten Module aus Indien.
Asiatische Unternehmen würden sich in Europa ansiedeln, wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden, sagt Rath. „Sie sind in Wartestellung.“ Damit die Firmen kommen, müsste Europa eine ähnliche Industriepolitik betreiben wie die USA unter Präsident Joe Biden oder wie Indien – und die müsste für viele Jahre abgesichert sein.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung