Social-Media-Account des Weißen Hauses: Abschiebung als Meme
Das Weiße Haus postet nicht zum ersten Mal Memes über Abschiebeflüge. Mit Humor versuchen Rechte ihr perfide Politik anschlussfähig zu machen.

Memes können zu weit gehen. Genau deshalb nutzen sie Rechte besonders gerne, um ihre perfiden Ansichten als Witz verpackt zu verbreiten. Noch bevor sich jemand darüber entrüsten kann, ist der Vorwurf eigentlich schon entkräftet: schließlich ist ein Meme ja bloß ein Witz und linke Kritiker_innen sowieso humorlos.
Zu diesen Neurechten scheint auch das Social-Media-Team des Weißen Hauses zu gehören. Auf Musks Plattform X postet „The White House“ am 30. Juli ein Video mit der Überschrift: „Wenn ICE Ihnen einen one-way Jet2-Urlaub zur Abschiebung bucht. ✈️🎶Unschlagbar!“
Auf dem Video sieht man migrantische Männer in Handschellen, die, eskortiert von Agenten der US-amerikanischen Einwanderungspolizei ICE, einen Flieger boarden. Das ganze unterlegt mit Musik und einem Werbespruch.
Sängerin bezeichnet Meme als „krank“
Denn mit dem Post greift der Account ein Meme auf, eine Werbung aus dem Jahr 2022 für die britische Billigflugairline Jet2, die gerade viral geht. Im Hintergrund läuft dabei Jess Glynnes Popsong „Hold my Hand“ und eine übertriebene Voice-Over-Stimme sagt „Nichts geht über einen Jet2-Urlaub!“
Bisher nutzten User_innen den Sound, um damit chaotische Urlaubsvideos zu unterlegen. Das alberne Voice-Over zusammen mit dem Gute-Laune-Radiosong dient dabei als unpassender Kontrast zum Video, das mal Unfälle, mal Sonnenbrände, mal ekliges Hotelessen zeigt. Oder jetzt, abgeschobene Migranten.
Sowohl Jess Glynne als auch die Sprecherin, Zoë Lister, äußerten sich nun zum Post des Weißen Hauses. Glynne bezeichnete das Meme in einem Instagrampost als „krank“ und schrieb, dass ihre Musik nicht für Hass und Spaltung da sei. Lister sagte gegenüber der BBC, dass sie ihre Stimme niemals für „Trump und seine abscheulichen politischen Maßnahmen“ hergeben würde.
Rechte Politik wird digitaler Mainstream
Es ist nicht das erste Mal, dass Trumps Politik in Memeform verdaulich gemacht wird. Ein KI-erstelltes Video über „Trump Gaza“, das der US-Präsident Anfang des Jahres teilte, zeigt ein amerikanisiertes Palästina inklusive überlebensgroßer Trump-Statue aus Gold und Cocktails am Strand mit dem oberkörperfreien Netanyahu.
Ein White-House-Post vom Februar zeigt Menschen, die nach Venezuela abgeschoben werden. Die Ketten, die sie um Knöchel und Handgelenke tragen, klimpern. Beschriftet ist das Video mit „ASMR: Abschiebungsflug für illegale Einwanderer“. ASMR-Videos spielen in der Regel mit sensorischen Reizen, die Zuschauer_innen stimulieren und beruhigen können, sensorische Reize wie eben dem Klimpern der Ketten.
Autoritarismus verbindet man mit Ernsthaftigkeit. Trump maskiert die eigene autoritäre Politik mit Humor und macht sie so anschlussfähig. Der Horror dessen, was seine Regierung hervorbringt, wird so zum digitalen Mainstream: Content, an dem man gemütlich vorbeiscrollen kann.
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