Smart-Home-Lösungen vorgestellt: Willkommen im schlauen Haus
Die heimische Solaranlage kann schon heute online mit der Waschmaschine kommunizieren, um Energie zu sparen. Doch das birgt Risiken.
BERLIN taz | Hausmeister, Energiemanager und Sicherheitsdienst in einem: Entwickler von so genannten Smart-Home-Lösungen versprechen viel, wenn es um ihre Produkte geht. Diese sollen Stromversorgung, Beleuchtung, Haushaltsgeräte sowie Türen und Fenster des eigenen Hauses miteinander vernetzen und vom Smartphone aus steuerbar machen. Die Branche sieht sich als zukunftsträchtig und wachstumsstark.
Gerade wurden die neusten Innovationen auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin vorgestellt. Die beschriebene Vision klingt dabei nach Science Fiction. Eine davon ist die von der Deutschen Telekom initiierte und mit namenhaften Partnern entwickelte offene Smart-Home-Platform „Qivicon“.
Sie soll einen Standard etablieren, der es ermöglicht, Geräte unterschiedlicher Hersteller zu verbinden. Daran kann sich prinzipiell jedes Unternehmen beteiligen, egal ob es Fernseher oder Geschirrspüler herstellt oder sich um Energieversorgung kümmert. Im intelligenten Haus der Zukunft soll es möglich sein, alle Haushaltsgeräte wie Waschmaschine und Fernseher per Smartphone oder Tablet-PC zu bedienen und zu kontrollieren, Fenster und Türen zu öffnen und den Energiehaushalt der eigenen vier Wände zu managen.
Das soll auch von unterwegs gehen, per Internet. Eine Internetverbindung ermöglicht aber auch immer das Eindringen Dritter in ein System. Dabei ist die Vorstellung, dass Kriminelle, die ein Smart-Home-System gehackt haben, einfach die Wohnungstür öffnen oder den Herd einschalten können, wenig einladend.
Alles kann gehackt werden
Die Telekom sieht sich hier gut gerüstet. „Wir legen größten Wert auf hohe Verschlüsselungsstandards. Es kommen die neuesten Sicherheitstechnologien zum Einsatz. Alle Zugriffe sind passwortgeschützt und die Steuerung von unterwegs erfolgt gesichert über eine eigene Plattform“, heißt es auf der Unternehmenswebsite.
Firewalls und Antivirensoftware sollen zum Einsatz kommen. Doch das im Internet heutzutage alles gehackt werden kann, ist spätestens nach Angriffen auf Regierungs- und Geheimdienstserver klar. Auch Raul Rojas, Professor für Informatik und künstliche Intelligenz an der Freien Universität Berlin, ist skeptisch. „Angriffe sind durchaus vorstellbar, auch wenn die Protokolle kryptographisch abgesichert sind. Generell lassen sich Funkprotokolle angreifen“, sagte er auf taz-Nachfrage.
„Qivicon“ befindet sich ohnehin noch in der Entwicklung, eine erste Endanwendung soll frühestens im nächsten Jahr auf den Markt kommen. Bis sich ein Standard etabliert hat, wird es aber noch dauern. Sebastian Vogel von der Telekom gibt sich während der IFA optimistisch. „Wir sehen ein großes Markpotential und gehen davon aus, dass bis 2020 etwa 50 Prozent der Haushalte in Deutschland über eine Smart-Home-Lösung verfügen werden.“
Den Markt gebe es schon länger, bisher habe sich aber noch kein Marktführer durchsetzen können. Die Telekom hoffe zusammen mit ihren Partnern durch die offene Plattform einen Standard zu setzen und sich im Markt behaupten zu können.
Große Konkurrenz in den USA und Asien
Der FU-Professor Rojas ist sich unsicher, ob dies gelingen kann: „Es gibt vor allem in Asien und den USA viele andere Firmen, die an etwas ähnlichem arbeiten. Es ist fraglich, ob die Telekom denen Konkurrenz machen kann.“ Er nennt hier das von namenhaften Unterhaltungselektronik-Herstellern wie Sony, Panasonic und Toshiba entwickelte „Home Audio Video Interoperability System“ HAVi und die US-Firma Crestron, die Smart-Home-Lösungen im High-End-Bereich anbietet und nach eigenen Angaben einen „de facto Standart“ geschaffen hat.
Auch in Deutschland gibt es Konkurrenz, zum Beispiel durch „RWE SmartHome“, einem ähnlichen Produkt, das bereits auf dem Markt ist. Der Energieversorger sagt auf seiner Unternehmenswebsite: „Haussteuerung ist weder Zukunftsmusik noch unbezahlbarer Luxus. RWE SmartHome ermöglicht die zeitgemäße Haussteuerung von elektrischen Geräten und der Heizung.“
Auch die generelle Entwicklung der Smart-Home-Technologie sieht der Wissenschaftler kritisch, was er vor allem auf Schwierigkeiten bei Einbau, Gerätevernetzung und Fehlerbehebung zurückführt: „Es wird noch Jahre dauern, bis sich Standards durchgesetzt haben und eine allgemeine Akzeptanz gewonnen worden ist.“
Eine Funkinsel in der Küche
Solange vollständige Smart-Home-Lösungen noch nicht flächendeckend verfügbar sind, setzen Produzenten von Endgeräten auf eigene Lösungen. So stellte der Haushaltsgerätehersteller Miele, der sich ebenfalls an „Qivicon“ beteiligen wird, auf der IFA sein Konzept einer vernetzen Küche vor, das bereits auf dem Markt ist.
Ein Ziel dieser sei beispielsweise die effiziente Nutzung von Energie. Dabei kommuniziert etwa die Waschmaschine mit der Solaranlage und fragt die Wettervorhersage aus dem Internet ab, um einen günstigen Zeitpunkt für den Waschgang zu ermitteln, zu dem der Strom entweder besonders günstig oder reichlich vorhanden ist.
In Sachen Verschlüsselung und Sicherheit setzt Miele einerseits auf Bedienbeschränkungen, so ließe sich laut Messestandbetreuer Joachim Frerich der Herd nicht von unterwegs ein- oder der Kühlschrank nicht ausschalten. Zum anderen lässt sich hier nichts über das Internet steuern, sondern nur per hauseigenem W-Lan. Doch auch diese so genannte Funkinsel sei laut Rojas nicht komplett sicher. Hier seien andere Angriffe vorstellbar, wie beispielsweise ein Abfangen der Funkwellen.
Die „Qivicon-Partner“ sehen der Zukunft dennoch optimistisch entgegen. „Vernetzten Haushaltsgeräten gehört die Zukunft, weil sie großes Sparpotential bieten und die Nutzung regenerativer Energien fördern“, sagt Miele-Geschäftsführer Eduard Sailer in einer Unternehmenspublikation. Auch die Telekom sieht sich gut aufgestellt und verweist auf „jahrzehntelange Erfahrung in Aufbau und Betrieb moderner Plattformlösungen auf sicherstem Fundament.“
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