Slapstick bei Bielefeld vs. Leverkusen: Auf und Ab und Hoppala

Dass Fehler zum Leben gehören, hat sich herumgesprochen. Aber gehören sie auch zum Fußball? Doch dort geben sie immer noch Anlass zu Häme.

Torwart Lukáš Hrádecký von Bayer Leverkusen bei der Ballabwehr

Leverkusens Keeper Lukáš Hrádecký in Aktion Foto: dpa/Gentsch

Mit etwas Pech beziehungsweise einem verdaddelten Nachschuss von Aleksandar Dragović wäre Lukáš Hrádecký an diesem Wochenende vermutlich zur Zielscheibe weltweiter Häme geworden. Gut, streng genommen wurde der Profi von Bayer Leverkusen das auch, aber Hohn und Spott über einen Fehler fallen immer dann besonders gemein aus, wenn dieser zumindest zu einer Niederlage, viel besser noch zum Abstieg führte. Denn da kennen die 12. Frau und der 13. Mann, auch wenn sie derzeit nicht im Stadion sein dürfen, nix: Die Spieler haben sich jederzeit perfekt zu bewegen, und wer ins Stolpern gerät oder sich kurz verguckt, wird umgehend zur lächerlichen Figur.

Lukáš Hrádecký aber hatte Glück und konnte nach dem 2:1-Sieg von Bayer gegen Bielefeld nonchalant erklären, manchmal sei „man als Torwart der Depp“, und ja, von seinem Eigentor werde es nun sicher einige YouTube-Videos und Memes geben, aber es sei doch okay, wenn die Leute darüber lachen würden.

Vielleicht hätte er das sogar auch gesagt, wenn Leverkusen verloren hätte, der Mann ist schließlich lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass die Damen und Herren Fans nur eines noch weniger ausstehen können als Fehler, nämlich heulende Verlierer – Bilder des nach dem Ausscheiden im Halbfinale der WM in Italien 1990 bitter enttäuschten und weinenden englischen Nationalspieler Paul Gascoigne werden noch heute von manchen gern als Symbol für besondere Unmännlichkeit gegnerischer Spieler oder Nationalmannschaften gepostet.

Und so bleibt zu hoffen, dass Erling Haaland und Raphaël Guerreiro, die für die Dortmunder Borussen gegen die Berliner Hertha die Tore schossen, sich abends auf der Couch noch Hrádeckýs Statement noch einmal ganz genau angeguckt haben.

Denn auch für sie wird es nicht immer so erfolgreich weitergehen wie es bisher den Anschein hat – viel mehr noch, je länger insbesondere Erling Haaland für Dortmunder Siege sorgt, um so größer wird die kaum verhohlene Gemeinheit sein, mit der Fans und erstaunlich viele Medien auf den unweigerlich irgendwann geschehenen Stolperer oder Vergucker reagieren werden, nach dem nichts mehr so sein wird wie zuvor.

Warum Erling Haaland kein Weltmeister wird

Im Fußball hat schließlich immer alles perfekt zu sein. Und auf gar keinem Fall dem durchschnittlichen Lebensablauf – auf und ab und hoppala, das war jetzt aber ein blöder Fehler, und wieder von vorne, auf und ab – zu ähneln. Im Gegenteil, die Karriere hat linear zu verlaufen, Meistertitel auf Meistertitel zu folgen und natürlich auch Weltmeisterschaftsgewinn auf Weltmeisterschaftsgewinn.

Letzteres wird in Haalands Fall natürlich schwierig, weil die Chancen, dass Norwegen in den nächsten, sagen wir: 50 Jahren auch nur mehrmals hintereinander WM- oder EM-Qualifikationen schafft, geschweige denn in den Turnieren Vorrunden übersteht, sind ähnlich hoch wie die des MSV Duisburg, Deutscher Meister zu werden.

Andererseits, man soll nie nie sagen: Die Autorin dieses Artikels wurde im Jahr 1998 von praktisch allen Anwesenden in einer Kneipe voller männlicher Fußballexperten sehr ausgelacht, als sie ihren 1:2-Tipp für das Spiel Brasilien gegen Norwegen in der Gruppe A abgab. Und was passierte? Team Norge und sie gewannen, und sie kaufte sich vom immensen Jackpot ein ausnehmend hübsches Paar Glitzer-Pumps. Ha!

Andererseits, vielleicht sollten junge Spieler auch gar nicht lernen, cool mit Fehlern, Niederlagen und Rückschlägen umzugehen. Denn eigentlich wäre es auch nicht schlecht, wenn sie in solchen Fällen so lange Enttäuschung zeigen und weinen und verzweifelt sind, bis es auch der oder die Letzte kapiert hat, dass selbst bei Menschen, die von Beruf Fußballspieler sind, nie alles perfekt läuft. Auf und ab halt, auf und ab.

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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