Ski-Unfall bei Weltcup-Abfahrt: Crash mit Airbag
Der Österreicher Matthias Mayer bricht sich bei der Abfahrt zwei Brustwirbel. Ein Airbag verhinderte wohl Schlimmeres.
Der Olympiasieger aus Österreich wurde in die Höhe katapultiert und landete hart mit dem Rücken auf der Piste. Das Rennen war minutenlang unterbrochen, Mayer wurde noch auf der Strecke versorgt und anschließend mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus nach Bozen geflogen.
Währenddessen ging das Rennen weiter, der Norweger Aksel Lund Svindal erreichte seinen zweiten Sieg innerhalb von 24 Stunden und Josef Ferstl vom SC Hammer als Zehnter sein drittbestes Weltcup-Ergebnis.
Zunächst hieß es, Mayer sei mit einer starken Prellung des Brustkorbs glimpflich davongekommen, später stellte sich heraus, dass doch der sechste und siebte Brustwirbel gebrochen sind. Die Saison ist damit vorbei für ihn.
„Wächst wieder zusammen“
Bei einer Operation in der Nacht auf Sonntag wurde in Innsbruck der betroffene Wirbelbereich verschraubt. „Es hätte viel schlimmer sein können. Da wächst alles wieder zusammen“, ließ Mayer ausrichten.
Tatsächlich sah der Sturz brachial aus. Dabei hatte der 25-Jährige wohl noch Glück. Als Grund dafür wurde schnell der seit Saisonbeginn vom Internationalen Skiverband zugelassene neue Rückenschutz ausgemacht.
Athleten dürfen und sollen, so die Empfehlung der FIS, den sogenannten Airbag statt des bisherigen Rückenprotektors tragen. Es handelt sich um eine 800 Gramm schwere Weste mit kleinen Gasspeichern, die sich innerhalb von 100 Millisekunden aufblasen können, wenn ein Computersensor ein entsprechendes Signal sendet.
Bei Mayer entfaltete sich der Airbag bereits, als er in die Höhe katapultiert wurde, und als er wieder auf der Piste landete, so kann man vermuten, federte das Luftkissen den Aufprall ab. „Der Sensor hat gemeldet, dass da ein Crash ist“, erklärte Marco Pastore von Dainese, dem italienischen Hersteller der im alpinen Ski-Weltcup verwendeten Airbags, im Zielraum von Gröden.
Nach den Stürzen in Kitzbühel
Der Verdacht liegt nahe, dass Mayer der erste Profiteur der neuen Sicherheitsweste sein könnte. „Ich glaube schon“, sagte Günter Hujara, langjähriger FIS-Renndirektor und nun technischer Experte des Weltverbands.
„Aber ich will erst die Daten sehen und es bewiesen haben.“ Der Schwarzwälder hat nach den Kitzbühel-Stürzen von Daniel Albrecht aus der Schweiz 2009 und dem des Österreichers Hans Grugger zwei Jahre später, die beide ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten, die Entwicklung des Airbags mit forciert.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Dainese einen Prototyp angeboten. Aber das System war noch nicht stabil genug, die Athleten hatten Sorge vor einer Fehlauslösung und den Folgen, wenn sich bei höchster Geschwindigkeit der Airbag unkontrolliert aufbläst. Die Firma modifizierte daraufhin das Modell und stellte vor diesem Winter eine Weste vor, mit der diese Bedenken zerstreut werden konnten.
Dass in Gröden nur sechs Athleten damit auf der Piste waren, neben Mayer noch dessen Teamkollegen Otmar Striedinger, Florian Scheiber und Hannes Reichelt sowie Erik Guay und Manuel Osborne-Paradis, hat mehrere Gründe.
Teurer Schutz
Dainese gehört nur zum Skipool von Österreich und Kanada. Athleten anderer Nationen müssten 1.000 Euro für den Airbag bezahlen. Und das ist den meisten bisher zu teuer – zumal Knieverletzungen viel häufiger vorkommen. Zuletzt zogen sich die Schwedin Sara Hector und Slalomweltmeisterin Mikaela Shiffrin aus den USA schwere Bänderverletzungen zu.
Außerdem wirft die Weste unter dem Rennanzug Falten, das sei „aerodynamisch nachteilig“, erklärte Bundestrainer Karlheinz Waibel gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Er findet zudem, dass das „Sicherheitsplus überschaubar“ sei, weil der Rücken bisher mit dem Protektor schon ganz gut geschützt sei. Das hat Waibel allerdings vor dem schweren Sturz von Mayer auf der Saslong gesagt.
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