Skandinavier und Klimawandel: „Helft uns, unser Eis zu behalten“
In Island ist der Klimawandel besonders stark spürbar. Nordische Staatschefs verabschieden hier ihre „Klimavision 2030“ mit Ehrengast Angela Merkel.

Am Ende des Treffens stand immerhin eine „Vision 2030“ zu den Themen Klima, Nachhaltigkeit und Gleichstellung, aber wenig Konkretes. Merkel war bei ihrem ersten Staatsbesuch in Island Ehrengast der traditionellen jährlichen Sommertagung der Regierungschefs der fünf nordischen Staaten Island, Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark sowie von Repräsentanten Grönlands, der Åland-Inseln und der Färöer.
Island wolle eine führende Rolle im Kampf gegen die globale Erwärmung übernehmen, sagte Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir. Dabei betonte sie die Wichtigkeit von „Klimagerechtigkeit“: „Es gibt untrennbare Verbindungen zwischen Klimafrage, Menschenrechten, Gleichberechtigung und sozialer Gerechtigkeit.“
Merkel sagte, am Beispiel Islands könne man noch einmal stärker lernen, „dass der Mensch mit der Natur pfleglich umgehen muss und dass er ein Stück Demut zeigen muss auch gegenüber der Natur“. Sie hatte zuletzt direkte Bekanntschaft mit Island gemacht, als sie wegen des Ausbruchs des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull 2010 nur über Umwege aus Amerika nach Deutschland zurückreisen konnte.
„Wettlauf mit der Zeit“
Hier ist der Klimawandel bereits besonders stark sichtbar: Zwei Tage zuvor war der Gletscher Okjökull offiziell für „tot“ erklärt worden. Bei der Zeremonie hatte Jakobsdóttir, die der links-grünen Partei angehört, von einem „Wettlauf mit der Zeit“ gesprochen. In der New York Times hatte sie zuvor zu mehr internationaler Kooperation gegen den Klimawandel aufgerufen: „Helft uns, unser Eis zu behalten.“
Mehrere Umweltorganisationen der skandinavischen Länder hatten sich vom nordischen Gipfel das Ausrufen eines „Klimanotstands“ erhofft. Irlands Ex-Staatspräsidentin Mary Robinson hatte sich anlässlich ihrer Teilnahme an der Okjökull-Manifestation dieser Forderung ebenso angeschlossen wie der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn. Doch darauf konnten sich die Staatschefs nicht einigen. Im staatlichen Rundfunk erklärte Jakobsdóttir, solche Erklärungen seien ohnehin nicht ausreichend, wichtiger seien „konkrete Maßnahmen“.
In ihrer „Vision 2030“ versprechen sich die Regierungschefs nun lediglich eine „effektivere Zusammenarbeit“ mit dem Ziel, diese Region bis 2030 zur „weltweit nachhaltigsten“ zu entwickeln. Auch einen Hinweis auf die Forderungen der AktivistInnen von Fridays for Future fehlt nicht: „Wir hören unserer Jugend zu und sind uns einig, dass der Zeitpunkt für konkrete Klimaschutzmaßnahmen gekommen ist. “ Lösungen gebe es, doch dazu müsse man „Lebensstil, Produktionsmethoden und Konsummuster ändern“. Das Pariser Klimaabkommen weise den Weg, „aber wir müssen noch ambitiöser und schneller arbeiten“.
Die Hoffnung von Andri Snær Magnason, dem Verfasser des Texts auf der Gedenktafel für den Okjökull-Gletscher, wurde indes nicht erfüllt. In einem an künftige Generationen gerichteten „Brief an die Zukunft“ schreibt er: „Dieses Denkmal bezeugt, dass wir wissen, was geschieht und was zu tun notwendig wäre. Nur ihr wisst, ob wir es getan haben.“ In Reykjavík wurde das Notwendige noch nicht getan.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?