Sitzung im Bundestag: Für Fluthilfe, gegen Mietpreisbremse
Kurz vor der Sommerpause absolviert der Bundestag noch einmal ein Mammutprogramm. Zum Auftakt einer langen Nachtsitzung fielen im Parlament erste Entscheidungen.
BERLIN dpa/taz | Der Bundestag hat am Freitag den Hilfsfonds für die Flutopfer im Höhe von acht Milliarden Euro gebilligt. Das Aufbauhilfegesetz sowie der Nachtragshaushalt für zusätzliche Schulden wurden am Freitag einstimmig vom Parlament beschlossen. Am Freitag nächster Woche soll auch der Bundesrat grünes Licht geben, damit der Fonds nach einem parlamentarischen Schnellverfahren starten kann.
Am Donnerstagabend hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Koalition zur Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genitalien verabschiedet. Dazu erklären die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Andrea Voßhoff und die zuständige Berichterstatterin Ute Granold: „Die Koalition geht mit einer neuen Vorschrift im Strafgesetzbuch, mit höheren Freiheitstrafen von bis zu 15 Jahren und verbesserten Rechten für die Opfer konsequent gegen die Verstümmelung weiblicher Genitalien vor.“
Aktionäre deutscher Unternehmen können künftig stärker die Gehälter von Managern mitbestimmen, beschloss der Bundestag ebenfalls am Donnerstag. Vorgesehen ist, dass in Zukunft die Hauptversammlungen börsennotierter Aktiengesellschaften über die Vergütung der Vorstände abstimmen müssen - bislang ist das nur ein Kann. Die Aktionäre sollen dabei das grundsätzliche Vergütungssystem und eine maximale Höhe der Gehälter festlegen.
Der Bundestag hat Patente auf Tiere und Pflanzen aus konventioneller Züchtung verboten. Damit sind nicht nur die Züchtungsverfahren selbst nicht patentierbar, auch die auf diese Weise gezüchteten Tiere und Pflanzen dürfen nicht patentiert werden. Naturschützer und Landwirte protestieren seit längerem gegen entsprechende Patente. Vor 14 Tagen erst hatte das Europäische Patentamt ein Patent auf Brokkoli erteilt, der besonders leicht zu ernten sein soll.
Gegen Abzocke im Intenet
Verbraucher sollen besser vor unseriösen Geschäftspraktiken im Internet und am Telefon geschützt werden. Verabschiedet wurde ein Gesetzespaket, das unter anderem Massenabmahnungen gegen private Internetnutzer eindämmen soll. Anwälte dürfen für eine erste Abmahnung wegen illegalen Herunterladens von Bildern oder Musik künftig höchstens 155,30 Euro berechnen.
Bisher sind es teils mehrere hundert Euro. Gewinnspielverträge kommen nicht mehr am Telefon zustande, sie müssen per Fax oder E-Mail bestätigt werden. Inkasso-Unternehmen sollen erläutern müssen, für wen und warum sie offene Zahlungen eintreiben.
Die Union hat die im eigenen Wahlprogramm geplante Mietpreisbremse mehrheitlich abgelehnt. Mit den Stimmen der Koalition wurde ein Antrag der Grünen-Fraktion abgewiesen. Dieser sah eine Ermächtigung an die Länder vor, in Gebieten mit Wohnraummangel bei Neuvermietungen nur noch Erhöhungen bis zu zehn Prozent im Vergleich zur ortsüblichen Miete zuzulassen - genau dies fordert auch die Union im Wahlprogramm. Sie will dies aber erst nach der Wahl einführen.
Union und FDP haben mit ihrer Mehrheit schärfere Regeln gegen die Bestechung von Abgeordneten abgelehnt. SPD und Grüne hatten eine namentliche Abstimmung erzwungen, damit die Koalition für oder gegen schärfere Korruptionsregeln Farbe bekennt. Rot-Grün wollte eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, wenn sich Abgeordnete für eine Gegenleistung in bestimmter Weise verhalten. Die Koalition argumentierte, es gebe bereits Regeln.
Themen am Freitag
Am Freitag diskutiert der Bundestag über den jüngsten Berufsbildungsbericht der Bundesregierung, der die aktuelle Lage auf dem Ausbildungsmarkt als positiv bewertet. Auf der Agenda stehen außerdem: Eine Ost-West-Angleichung im Rentenrecht, ein Ergänzungsgesetz für das Betreuungsgeld, ein Standortauswahlgesetz für den Verbleib radioaktiver Abfälle, die Qualität in Kitas und in der Tagespflege.
Außerdem debattiert der Bundestag über den EU-Jahresbericht 2010 zum Thema „Menschenrechte und Demokratie in der Welt“, den 50. Jahrestag der Kennedy-Rede in Berlin und den Schutz syrischer Flüchtlinge.
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