piwik no script img

Sitzung der Bremer Klima-EnqueteMehr Fragen als Antworten

Grüne Energie, sanieren oder kleiner wohnen? Die Klima-Enquete hat die CO2-Einspar­potentiale beim Bauen und Wohnen diskutiert.

Häuser in Serie zu bauen, ist längst Praxis. In Serie sanieren, soll dem Klima helfen Foto: Rupert Oberhäuser / Imago

Bremen taz | Was in den nächsten zwanzig, dreißig Jahren in den Bereichen Gebäude, Wohnen, Stadtentwicklung und Klimaanpassung möglich ist, war Thema der Enquetekommission Klimaschutz am Freitag. Der Ex-Bürgermeister und stellvertretende Vorsitzende der Enquete, Carsten Sieling (SPD), erinnerte in der Schlussdebatte an das Ziel der Kommission: zu schauen, was schon bis 2030 geht. „Wenn ich mir die heutige Diskussion dieses großen Blocks anschaue – gibt es ein Gefühl, was wir vor dem Hintergrund der Heterogenität des Sektors überhaupt schaffen können?“

Hintergrund der Frage waren wohl einige der zentralen Erkenntnisse aus den Fachvorträgen der Sitzung, die mehr Fragen als Antworten hinterließen: Zum Beispiel, dass man es in der Immobilienwirtschaft mit so vielen Akteuren wie sonst kaum zu tun hat. „Während Energie und Industrie wenige Entscheidungsträger haben, sind hier über 100.000 Leute einzubinden“, sagte Hans Erhorn, Berater des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik.

„Der Sanierungsrückstand bei Privatwohnungen ist besonders hoch.“ Zwei Drittel der Privatwohnungen gehörten Menschen über 60, sagte Erhorn, „und die investieren nicht gern“. Teilweise gälten sie auch gar nicht als kreditwürdig.

Und wie sieht es mit den Wohnungen aus, die nicht in Privatbesitz sind? Karin Jahn (Fraunhofer Institut) stellte eine Studie zum Sanierungsstand der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungswirtschaft in Bremen und Bremerhaven (AG Wohnen) vor.

Das selbst gesetzte Ziel der CO2-Reduktion bis 2020 hätten die Unternehmen weit übertroffen. Vor 2011 habe das vor allem an Sanierungen gelegen, erinnert sich Jahn, danach eher an der Zusammensetzung der Energie. Mit dem „Wärmeatlas“ zeigte sie, „wo sich ein Ausbau von Fernwärme lohnen kann“. Genauere Untersuchungen seien aber notwendig.

Was können wir bis 2030 überhaupt schaffen?

Carsten Sieling (SPD), stellv. Vorsitzender der Klima-Enquete

Weitere Erkenntnisse waren, dass der Fachkräftemangel auch in diesem Bereich fatal ist. Denn irgendwer muss die ganzen nötigen Sanierungen und Installationen von Photovoltaik-Anlagen durchführen. Zudem wurde klar, dass unsere Gesellschaft auch beim Wohnen über die Stränge schlägt. 1990 haben wir im Schnitt rund 35 Quadratmeter bewohnt, erläuterte Erhorn. Jetzt sind es fast 50. „Das müssen wir alles heizen und beleuchten.“

Auf die von Sieling aufgeworfene Frage antworteten die Enquete-Expert*innen Cornelia Rösler vom Deutschen Institut für Urbanistik und Erhorn. „Ich bin Optimistin“, sagte Rösler, klimaneutrale Gebäude seien das Ziel. „Aber ich bin nicht überzeugt, dass wir das in zehn Jahren umgesetzt kriegen.“ Klimaanpassung müsse daher genauso mitgedacht werden.

Für Erhorn ist vor allem entscheidend, ob Bremen sich maßgeblich auf die Sanierungsgeschwindigkeit konzentriert oder versucht, CO2-Einsparungen über die Infrastruktur zu schaffen. Letzteres sei einfacher und schneller. „Wenn wir den Ausbau der Fernwärme hinbekommen, glaube ich, dass wir bis 2030 im Gebäudesektor einen Schritt machen können Richtung Halbierung“, sagte Erhorn.

Sanierungen müssten parallel laufen, dauerten aber länger: „Wir müssen 100.000 Eigentümer überzeugen.“ Auch die Kosten unterschieden sich: Wird der Energieträger grün, sei nur das zu bezahlen. Gebäudeeffizienz dagegen sei deutlich teurer, sagt Erhorn.

„Die großen CO2-Emissionen haben wir beim Stahlwerk, aber hier muss das große Geld investiert werden“, sagt daher auch Enquete-Mitglied Patrick Graichen (Agora Energiewende). „Es sind nicht Kosten, es sind Investitionen, aber irgendwann muss das Geld kommen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!