piwik no script img

Sitcom mit Niels RufDas Ekel vom Dienst

Kommentar von David Denk

Mit der RTL-Sitcom "Herzog" kehrt Niels Ruf im Januar zurück ins Free-TV. In Berlin wurde die erste, leider ziemlich müde Folge präsentiert.

Spielt auf RTL einen zynischen Scheidungsanwalt, der Frauen angrapscht: Niels Ruf. Bild: dpa

M änner, haltet eure Frauen fest und euren Kindern die Ohren zu: Niels Ruf ist wieder da.

Ruf selbst würde jetzt einwenden, nie so ganz weg gewesen zu sein, schließlich moderiere er seit gut einem Jahr eine Late-Night-Show beim digitalen Abokanal Sat.1 Comedy. Aber - unter uns - wer kann den schon empfangen?

Also: Niels Ruf ist wieder da. Jetzt auch im Free-TV. Am 18. Januar startet die neunteilige Sitcom "Herzog" bei RTL. Ruf spielt die Titelrolle, einen zynischen Scheidungsanwalt, der Schwule beleidigt, sich am Beichtstuhl vordrängelt und Mandantinnen auf den Hintern haut - also letztlich sich selbst oder das, was die Öffentlichkeit seit seiner Viva-Zwei-Show "Kamikaze" für den Kern seines Wesens hält.

Bei der Präsentation der ersten Folge in einer berüchtigten Bar am Berliner Gendarmenmarkt, in der sonst stillose Geldsäcke gleichgesinnte junge Frauen abschleppen, legt Ruf allerdings Wert darauf, dass Simon C. Herzog NICHT die Rolle seines Lebens sei. Die warte noch auf ihn. "Ein süffisanter Klomann mit blutigen Gewaltfantasien" schwebt ihm vor. Ob sich dieses Projekt allerdings mit der Produktionsfirma Sony Pictures ("Ritas Welt", "Nikola", "Die Camper") realisieren lässt, bezweifelt auch er.

Ruf hat trotzdem noch große Pläne mit RTL. "Ich arbeite daran, das System zu infiltrieren", sagt er. "Angefangen hat das, als ich ein Konto bei der Deutschen Bank eröffnet habe; jetzt gehts weiter." Das ist Rufs Art, zu sagen: Ich freue mich, dass RTL mir noch eine Chance im Free-TV gegeben hat. Nach Karrieretiefpunkten wie "Dumm erwischt" bei RTL2 war das keineswegs selbstverständlich. Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt, denkt er. Und sagt: "Du kriegst mich aus dem Ghetto, aber das Ghetto nicht aus mir."

Solange man keine ernsthaften Antworten erwartet, kann man wunderbare Interviews mit Niels Ruf führen. Er ist - natürlich - großmäulig ( "World domination is my goal") und schlagfertig ("Das schießt man so aus der Hüfte"), aber auch - man traut es sich kaum zu sagen - aufmerksam ("Müsst ihr Linkshänder sein bei eurer Zeitung?") und manchmal sogar rührend ("Ich bin doch auch ein Mensch").

Was man über Simon C. Herzog leider nicht sagen kann: Zu holzschnittartig ist die Figur gezeichnet, zu mechanisch aufgesagt wirken die meisten Sprüche. Ein Beispiel: "Ist die neu hier?", fragt Vater Herzog seinen Sohn. "An den Titten schon", antwortet dieser. "Herzog", allen voran geschrieben von Marko Lucht und Gerd Lurz, setzt auf Dauerfeuer - und nimmt damit den Pointen die Zeit, die sie brauchen, um zu zünden. Weniger wäre mal wieder mehr gewesen.

Den meisten Männern habe "Herzog" in den Testscreenings gefallen, sagt die Produzentin Christiane Ruff, den meisten Frauen eher nicht. Dabei müssten sie es doch eigentlich mögen, dass es gerade die Frauen sind, die Simon C. Herzog Paroli bieten, zum Beispiel seine Schwägerin Gaby (Sanne Schnapp). Darin sieht Ruff eine Stärke der Serie. "Wir versuchen, in 'Herzog' die Vorurteile gegen Niels aufzugreifen und ein Stück weit zu entkräften", sagt sie. "Denn in der Serie teilt er nicht nur aus, sondern muss auch einiges einstecken."

Als ob das eine neue Erfahrung für Niels Ruf wäre, aus der Boulevardpresse bekannt als "Ekel der Nation".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ressortleiter tazzwei

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!