Sinnlose Fronten: Demo spaltet Unterstützer

Eine UnterstützerInnengruppe plant eine Demo für die Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude. Der lokale Flüchtlingshilfe-Verein fühlt sich übergangen.

Harvestehude ist ein wohnlicher Stadtteil mit schöner Gründerzeitbebauung Bild: dpa

HAMBURG taz | Das ehemalige Kreiswehrersatzamt im noblen Harvestehude soll eine Flüchtlingsunterkunft werden – darin sind sich beide Gruppen einig. Trotzdem kriselt es zwischen dem Verein „Flüchtlingshilfe Harvestehude“ und einer kleinen Unterstützergruppe, die sich „Refugee support Harvestehude“ nennt.

Das Verwaltungsgericht hatte drei Anwohnern Recht gegeben, die sich gegen die Flüchtlingsunterkunft wehrten (siehe Kasten). Dagegen hat der Refugee Support für Sonntag eine Demonstration angemeldet. Er rechnet mit bis zu 800 Teilnehmern. Diese sollen vom Dammtor bis zur Sophienterrasse laufen und ihre Solidarität mit Flüchtlingen demonstrieren. Der Flüchtlingsrat unterstützt den Protest.

Ziel sei es, den Rassismus in der Gesellschaft sichtbar zu machen – auch den Rassismus in Harvestehude, sagt Mitorganisatorin Azadeh Schmitt. Die Gruppe bestehe aus politisch aktiven Freunden, die über das Urteil des Verwaltungsgerichts erschüttert seien. „Die Leute sollen sich mit ihren Ressentiments auseinandersetzen“, findet Schmitt.

Hendrikje Blandow vom Verein Flüchtlingshilfe Harvestehude sieht darin den Menschen im Stadtteil gegenüber eine Unterstellung: „Dass in der Mitte von Harvestehude ein fester Block von Rassisten sitzt, ist nicht wahr.“ Die Mehrheit heiße die Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft willkommen. 107 Mitglieder habe ihr Verein, hinzu kämen 200 Unterstützer.

Das Bezirksamt Eimsbüttel plant im ehemaligen Kreiswehrersatzamt in der Sophienterrasse 1a in Harvestehude eine Unterkunft für 220 Flüchtlinge.

Drei Anwohner stoppten den Umbau des Gebäudes durch Klagen beim Verwaltungsgericht. Die Richter urteilten, dass es sich um ein besonders geschütztes Wohngebiet handle, in dem eine reine Wohnnutzung vorgesehen ist.

Die Stadt Hamburg hat Beschwerde gegen die Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Das Urteil wird in der zweiten Aprilhälfte erwartet.

In Harvestehude liegt das jährliche Durchschnittseinkommen mit knapp 90.000 Euro mehr als doppelt so hoch wie im Hamburger Durchschnitt. Kritiker befürchten, dass sich die Anwohner aus der Verantwortung für Flüchtlinge herausklagen wollten.

Die Demo laufe Versuchen, im Hintergrund nach Lösungen für die Unterkunft in dem Ex-Bundeswehrgebäude zu suchen, zuwider, sagt Blandow. Sie schaffe zum „absolut falschen Zeitpunkt“ verhärtete Fronten, da das Oberverwaltungsgericht darum bemüht sei, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Die Unterkunft solle mit den Anwohnern zu einem den Stadtteil bereichernden Projekt entwickelt werden, wünscht sich Blandow. „Eine Polarisierung und eine Eskalation, die von außen in den Stadtteil getragen wird, schadet am Ende den Flüchtlingen“, sagt sie.

Rassismus sichtbar machen

Demo-Organisatorin Schmitt sieht das anders. Es sei wichtig, tot geschwiegene Themen wie Rassismus sichtbar zu machen. Flüchtlingen schaden könne das nicht. Auch eine Eskalation fürchtet die Aktivistin nicht. „Wir rufen bei dieser Demo nicht zu Gewalt, sondern zu Solidarität auf“, sagt sie. Diese Unterstützung habe sich die Gruppe auch vom lokalen Flüchtlingsverein erhofft. Doch zwischen den Gruppen gibt es Differenzen.

Die Vereinsmitglieder fühlen sich übergangen, weil sie nicht in die Demo-Planungen einbezogen wurden. Blandow fordert nun, dass die Demo abgesagt wird. Für Schmitt kommt das nicht in Frage: „Wir machen die Demo nicht für die weißen Deutschen der Flüchtlingshilfe.“

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