Sietas-Werft ist insolvent: Die Zukunft ist verschlickt
Die Hamburger Traditionswerft Pella Sietas konnte wegen eines verschlickten Hafenbeckens keine Schiffe ausliefern. Dann kam auch noch die Pandemie.
Für sie kam die Insolvenz nicht allzu überraschend. Aber trotzdem: „Für die Belegschaft ist das ein Schock“, sagt Emanuel Glass von der Gewerkschaft IG Metall Hamburg. „Die komplette Belegschaft hat seit Ende April kein Geld mehr bekommen“, sagt Glass: „Für die Angestellten ist das eine Katastrophe.“ Die IG Metall kritisiert vor allem die Geschäftsführung: Die Angestellten hätten früher darüber aufgeklärt werden sollen, wie lange sie kein Geld bekommen, meint Glass – sie seien immer wieder vertröstet worden.
Die Werft ist in einer vertrackten Situation: Das Hafenbecken verschlicke zusehends, könne aber aufgrund rechtlicher Bestimmungen in der Sturmflutzeit nicht gespült werden, sagt Glass. Dadurch könne die Werft bestellte Schiffe weder sicher zu Wasser lassen noch ausliefern.
Mittlerweile arbeiteten auch viele Kolleg*innen nicht mehr. Sie hätten sich andere Jobs gesucht oder ab Ende Juni vom sogenannten Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht. Das bedeute, dass sie, nachdem sie die Werft dazu aufgefordert haben, ihr Gehalt zu überweisen, die Arbeit niedergelegt hätten, um Arbeitslosengeld zu bekommen, erklärt Glass. Selbst wenn das Schlickproblem gelöst wäre, fehlen also Arbeiter*innen, um die Schiffe zu bauen.
Nischen werden immer kleiner
Ralf Marquardt, Geschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik, sieht ein strukturelles Problem: Die Pandemie habe vor allem Marktsegmente getroffen, die von Deutschland besonders bedient würden, wie etwa Fahrgastschiffe. „Nischen werden immer kleiner und international härter bekämpft“, sagt Marquardt. Diesen Kampf müsse Sietas nun vor dem Hintergrund bereits bestehender Probleme austragen.
Glass hofft, dass viele Arbeitsplätze erhalten werden können: Die Werft sei nicht durch einen Mangel an Aufträgen in die Insolvenz gerutscht. „Wir haben ein gutes Portfolio an Aufträgen für die nächsten Jahre“. Vielleicht sei die Insolvenz ein Neuanfang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!