piwik no script img

Siedlungen im WestjordanlandIsrael baut tausende Wohnungen

Israel genehmigt neue Wohnungen im Westjordanland. Die USA stoppen Finanzierung von Forschungsprojekten. US-Republikaner rücken Biden in BDS-Nähe.

Israelische Ortschaft auf palästinensischem Gebiet: die Siedlung Maale Adumim (Symbolbild)

Jerusalem rtr/afp | Inmitten einer Spirale der Gewalt im besetzten Westjordanland hat die israelische Regierung den Bau von rund 5.700 Wohnungen für jüdische Siedler auf den Weg gebracht. Der oberste Planungsrat des Landes erteilte am Montag endgültige Genehmigungen für 818 Einheiten. Die übrigen Wohnungen befinden sich in verschiedenen Phasen der Genehmigungsprozeduren. Die Wohnungen sollen in verschiedenen Teilen des Westjordanlandes errichtet werden.

Israels Regierung setzt sich damit über Bedenken der USA und westlicher Staaten hinweg, die einen Stopp des Siedlungsbaus fordern, um damit den Weg für eine Befriedung des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern zu bereiten. In den vergangenen Tagen hatte sich der Streit weiter zugespitzt, nachdem Siedler als Vergeltung für Anschläge militanter Palästinenser in palästinensische Dörfer eindrangen, Autos und Häuser in Brand steckten und Einwohner bedrohten.

Spitzenvertreter der Siedler begrüßten die Bau-Genehmigungen. Er danke der israelischen Regierung, sagte etwa der Leiter des Regionalrats von Gush Etzion im Westjordanland, Shlomo Neman. „Gerade in diesen schwierigen Tagen ist dies die angemessenste zionistische Antwort auf all jene, die uns zerstören wollen.“ Die Siedler rechtfertigen den Wohnungsbau in den Palästinensergebieten mit historischen Wurzeln und Ansprüchen in der Region.

Seit ihrem Amtsantritt im Januar hat die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Förderung von mehr als 7.000 neuen Wohneinheiten genehmigt. „Die israelische Regierung treibt die vollständige Annexion des Westjordanlandes in einem noch nie dagewesenen Tempo voran“, erklärte die israelische Friedensbewegung Peace Now.

USA stoppen Finanzierung von Forschung

Indes beenden die USA die Finanzierung von wissenschaftlicher Forschung mit israelischen Universitäten im besetzten Westjordanland. Das teilte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Montag in Washington mit.

Die Regierung von Präsident Joe Biden macht damit eine Maßnahme des Amtsvorgängers Donald Trump wieder rückgängig, die den internationalen Konsens aufgekündigt hatte, wonach Israel das Westjordanland seit dem Sechstagekrieg 1967 illegal besetzt hält.

Den neuen Leitlinien für US-Behörden zufolge steht „die Aufnahme bilateraler wissenschaftlicher und technologischer Zusammenarbeit mit Israel in Gebieten, die nach 1967 unter israelische Verwaltung kamen und die weiterhin Gegenstand von Verhandlungen über den endgültigen Statuts sind, im Widerspruch zur US-Außenpolitik“, sagte Miller.

Die Vereinigten Staaten würden die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit Israel „sehr schätzen“, die Einschränkung für das Westjordanland „spiegelt die seit Jahrzehnten bestehende US-Position wider“. Die Entscheidung betrifft vor allem die Universität von Ariel, die 1982 in der neu gegründeten Siedlung eröffnet wurde.

BDS-Vorwurf gegen Biden-Regierung

Vertreter der Republikanischen Partei kritisierten den Schritt umgehend. Senator Ted Cruz warf der Regierung Biden „antisemitische Diskriminierung“ der Juden im Westjordanland vor.

David Friedman, unter Trump US-Botschafter in Israel und starker Fürsprecher der Siedlungsbewegung, warf der Regierung vor, sich der sogenannten BDS-Bewegung anzuschließen, die zu einem wirtschaftlichen, kulturellen und akademischen Boykott Israels aufruft, um die Besetzung und „Kolonisierung“ der palästinensischen Gebiete zu beenden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das musste ja so kommen, dass ein US-Präsident, der auch nur die leiseste Kritik an der israelischen Siedlungspolitik übt, von einer rechtsdrehenden Opposition m BDS-Nähe gerückt wird. Dahinter steht ja die Unterstellung, den Antisemitismus zu verharmlosen oder gar zu fördern bzw. selbst antisemitisch zu sein.



    Eigentlich ein ungeheuerlicher Vorwurf in einer solchen Debatte, das einer anderen Partei im demokratischen Spektrum vorzuwerfen. Wir haben uns jedoch schon daran gewöhnt, weil die US-Republikaner schon seit vielen Jahren (eigentlich schon lange vor Trump) den Boden des demokratischen Konsenses in den USA verlassen haben. Und wir die Verschärfung des Tons in der Antisemitismusdebatte hierzulande - von denjenigen, die es nötig haben - nur zu gut kennen.



    Das hat nichts mit Sensibilisierung für das Thema Antisemitismus zu tun, sondern eher damit, eine völkerrechtswidrige Politik Israels gegenüber den Palästinensern zu legitimieren und deren Kritiker auch hierzulande zu denunzieren, zu kriminalisieren und damit mundtot zu machen.