: Sicherung durchgebrannt
■ Dreieinhalb Jahre Haft für den Mann, der den dealenden Nachbarn erschoß
Der Wunsch nach Rache ist ein Gefühl, das die deutsche Rechtsordnung nicht erlaubt. Doch Albert R. habe Rache üben wollen, als er am 18. Juni den Drogendealer seines Sohnes erschoß. Davon zeigte sich das Hamburger Landgericht überzeugt, das den 46jährigen gestern zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilte.
Jörg R. war am Wesselyring in Winterhude wohlbekannt. „Professor“ nannten ihn alle, weil er in der Schule durch überdurchschnittliche Leistungen aufgefallen war. Bei ihm kauften nicht nur die Jugendlichen der Umgebung Hasch oder harte Drogen. Auch der Angeklagte und sein 15jähriger Sohn besorgten sich beim „Professor“ des öfteren Stoff zum Kiffen.
Irgendwann kam dem Vater dann der Verdacht, daß sein Kind vom „Professor“ mit mehr als nur mit Hasch versorgt würde. Er habe ein Gespräch belauscht, berichtete Albert R. vor Gericht, in dem der Sohn gesagt habe: „Was meinst du, was mein Vater sagen würde, wenn er wüßte, daß Jörg mir auch harte Drogen angeboten hat?“
Als der Sohn dann in der Schule nachließ, habe er zwei und zwei zusammengezählt. Der Vater geriet in Sorge um die Zukunft seines Kindes. Er ging zum „Professor“ und warnte ihn, niemals dürfe er seinem Sohn harte Drogen verkaufen. Der sicherte ihm das zu. Der Vater glaubte ihm nicht.
Am Abend des 18. Juni dann war Albert R. betrunken. Auf dem Weg nach Hause kam er an der Wohnung des „Professors“ vorbei. Er ging rein und stellte den Dealer zur Rede. Es kam zum Streit, dann zur Rangelei. Plötzlich, so das Gericht, entdeckte R. in der Wohnung einen Revolver, und bei ihm „brannten die Sicherungen durch“. Er setzte den Lauf dem Dealer an die Schläfe und drückte ab.
„Es war die Tat eines verzweifelten Menschen“, so das Gericht. „Er war verzweifelt aus Sorge um seine Familie.“ Wegen der engen Bindung zu seiner Ehefrau und den Kindern werde ihn die Haftstrafe auch empfindlicher treffen als andere, zeigte sich der Vorsitzende Schaberg überzeugt.
Denn vor über 25 Jahren habe der Angeklagte schon einmal im Gefängnis gesessen. Den damaligen Ausstieg aus seiner „kriminellen Laufbahn“ habe er vor allem durch die Unterstützung seiner Frau geschafft. ee
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