piwik no script img

Sicherheitspolitik in den USAGuantanamo-Häftlinge frei

Vier afghanische Gefangene wurden in ihre Heimat entlassen. Die Freilassung der Insassen und die Schließung des Lagers haben für Präsident Obama „nationale Priorität“.

Wann werden die USA das Gefangenenlager endgültig schließen? Bild: ap

WASHINGTON afp | Die USA haben vier aus Afghanistan stammende Guantanamo-Häftlinge in ihre Heimat zurückgeschickt. Ihre Fälle seien zuvor intensiv geprüft worden, teilte das Verteidigungsministerium am Samstag in Washington mit. Ein wichtiges Kriterium sei dabei die nationale Sicherheit gewesen.

Die Regierung in Kabul befürwortete die Freilassung der vier Afghanen. Afghanistans Hoher Friedensrat forderte die Freilassung der übrigen afghanischen Gefangenen. Dem Pentagon zufolge werden nun noch 132 Häftlinge in dem umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba festgehalten.

Die Überstellung der Afghanen in ihre Heimat folgt nur kurz nach der Freilassung von sechs Männern aus Guantanamo Anfang des Monats. Diese waren von Uruguay aufgenommen worden. Die vier Afghanen wurden in den Jahren 2002 und 2003 in ihrem Heimatland festgenommen. Ihnen wurden enge Verbindungen zum Islamistennetzwerk Al-Kaida oder den Taliban vorgeworfen.

Die Anwälte der Häftlinge versicherten jedoch stets, dass hierfür keinerlei Beweise vorlägen. Ein Verteidiger beschrieb seinen Mandanten als einfachen Bauern, der zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen sei. In einem anderen Fall beruhte die Festnahme nach Angaben der Anwälte auf unbestätigten Behauptungen eines einzelnen Informanten.

Heftiger Widerstand gegen Schließung

Der Hohe Friedensrat in Kabul teilte mit, die Männer würden in „naher Zukunft“ zurück zu ihren Familien gebracht. Das Gremium verlangte, dass auch die übrigen afghanischen Guantanamo-Insassen in ihre Heimat ausreisen dürfen.

Der damalige US-Präsident George W. Bush hatte das Gefängnis für Terrorverdächtige nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingerichtet. Die meisten Verdächtigen wurden seit ihrer Festnahme in den Jahren 2001 und 2002 weder angeklagt noch verurteilt. Viele sollen gefoltert und misshandelt worden sein. Insgesamt waren seit 2001 auf der Marinebasis 779 Menschen inhaftiert.

US-Präsident Barack Obama bemüht sich seit seinem Amtsantritt im Januar 2009, das international kritisierte Gefangenenlager auf Kuba zu schließen. Erst am Freitag hatte er dies zur „nationalen Priorität“ erklärt. Das Lager untergrabe „die nationale Sicherheit, indem es unsere Ressourcen aufzehrt, die Beziehungen zu unseren Verbündeten verschlechtert und gewaltbereite Extremisten ermutigt“, erklärte Obama. „Dieses Kapitel der amerikanischen Geschichte“ müsse enden. Der Präsident stößt mit seinen Plänen aber in Parlament, Justiz und Öffentlichkeit auf heftigen Widerstand.

In vielen Fällen können die Insassen nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil ihnen dort Verfolgung oder gar Folter droht. Der von den Republikanern dominierte Kongress in Washington sperrt sich wiederum dagegen, dass Guantanamo-Häftlinge auf das Staatsgebiet der USA gelangen. Obamas Regierung sucht daher nach Drittstaaten, die zur Aufnahme bereit sind. Vor einem Monat hatten die USA fünf Guantanamo-Insassen nach Georgien und in die Slowakei überstellt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • 4 Freilassungen? Und das ist gleich eine ganze Meldung wert.

    mh.

  • Intressant wird es, wenn ein Unschuldiger mal die USA auf Schadensersatz verklagt!

  • Die haben wahrscheinlich ihre Datenberge ausgewertet und sind zum Ergebnis gekommen, dass sie dringend positive PR brauchen, damit sich Europa nicht von ihnen abwendet. Gründe dafür gibts im Dutzend. Bei den Etiketten rassistischer Folterstaat, Unrechtsstaat, Kriegstreiber Nr.1, in Kombi mit weltweiter Wirtschaftsspionage dürften auch unsere Transatlantiker allmählich kalte Füße bekommen. Dann hätten sie als Kumpels nur noch die anderen Four Eyes, und nur mit denen lässt sich international nicht das meiste reißen.

     

    Außerhalb CDUSPDGrüne behauptet kaum noch jemand, dass die Amis die Guten sind, auch wenn "Leitmedien" uns das weiterhin versuchen einzuhämmern.

     

    Und der Papst hat den Kuba-Deal eingefädelt - ja ist klar. Ein vorwiegend nicht katholisches Land USA schert sich plötzlich um den Papst und entsorgt ein jahrzehntealtes Dogma.

  • Die Schließung von Guantanamo war schon eines seiner Wahlversprechen und auch da mit großer Priorität angesagt. Das ist jetzt ca. 6 Jahre her....

     

    Zitat:

    "Viele sollen gefoltert und misshandelt worden sein"

     

    Sollen, ist ja wohl eindeutig falsch. Viele sind dort, usw...

     

    Interessant ist auch der Grund warum man die Gefangenen nicht zurück schicken will.

    Zitat:"..weil ihnen dort Verfolgung oder gar Folter droht."

     

    Ja dann ist es natürlich besser sie gleich vor Ort ihrer Freiheit zu berauben und zu foltern, macht natürlich Sinn.

     

    Auch sind sie in keinster Weise bereit die Suppe die sie sich da eingebrockt haben selber aus zu löffeln. Jetzt sollen Drittstaaten herhalten und sich mit den Folgen rumschlagen. Verantworten für sein handeln zu übernehmen sieht anders aus.

    • @snowcrash:

      Vermutlich droht ihnen Verfolgung und Folter in der Heimat eben wegen der Inhaftierung in Guantanamo, weil dies einen Verdacht impliziert.

      Deshalb müssen diese Leute auch eine neue Bleibe, am besten in einem Drittstaat finden.

      • @Ute Krakowski:

        Das ist wohl nicht der Fall. Das Gegenteil scheint dort zuzutreffen. Leute die in Guantanamo waren werden respektiert, gerade weil sie da waren und die Qualen miterlebt haben. Das lässt sich gut instrumentalisieren. So nach dem Motto, "seht ihr was die uns antun"

         

        Ich kann es den auch nicht wirklich verübeln, ich mein wahr doch klar das es so kommt. Ist ja nicht der erste Fall in der Geschichte. Denke davor haben die Amis mehr Angst.

         

        Die erschaffen sich gerade selber die nächste Generation an Extremisten.

  • "Der von den Republikanern dominierte Kongress in Washington sperrt sich wiederum dagegen, dass Guantanamo-Häftlinge auf das Staatsgebiet der USA gelangen"

    Diese satist. A...chlöscher befürchten, doch nicht etwa, dass die Gepeinigten sich an ihnen rächen wollen. Verdient hätten sie´s.

    • @lions:

      "satist." - keine neue Wortschöpfung aus satanisch und sadistisch; natürlich "sadist."

  • Warum nehmen wir nicht ein paar der verbleibenden Häftlinge auf? Vor ein paar Jahren haben wir doch schon ein paar aufgenommen, und zumindest hat man nichts davon gehört, dass sie irgendwelche Probleme gemacht hätten. Wenn die USA Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Menschenrechte haben, und die haben sie offensichtlich, dann sollten wir im Namen der Menschlichkeit beim Etablieren einer neuen Politik mithelfen. Einfach zuzusehen, wie diese Menschen weiter in Guantanamo vergammeln, ist unmenschlich.