Sicherheitspolitik in Deutschland: Antiterrorkampf als Wahlkampfhit
Union und SPD streiten sich über die Sicherheitspolitik. Über eine erweiterte Abschiebehaft für „Gefährder“ sind sie sich aber weitgehend einig.

Die SPD reagierte verärgert. „Herr de Maizière lenkt nur vom eigenen Versagen ab“, konterte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, er solle lieber „seine Arbeit ordentlich machen“. Das Chaos beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sei der Grund, warum der Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri mit 14 verschiedenen Identitäten durch Deutschland reisen konnte. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte den Innenminister auf, das bestehende Recht stärker anzuwenden. Abgelehnte ausreisepflichtige Asylbewerber, die als „Gefährder“ gelten, seien in Gewahrsam zu nehmen und konsequenter als bisher abzuschieben.
Laut Bundesinnenministerium halten sich derzeit 224 „Gefährder“ mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland auf. 62 von ihnen sind abgelehnte Asylbewerber. Justizminister Heiko Maas (SPD) will sich bald mit de Maizière treffen und über eine „erweiterte Gefährderhaft“ sprechen. Er wolle, dass „Gefährder“ in Abschiebehaft genommen werden, solange deren Heimatländer die Aufnahme ihrer Bürger verweigerten, teilte er mit.
Die innere Sicherheit dürfte eines der wichtigsten Themen des kommenden Bundestagswahlkampfs werden. Alle Parteien überbieten sich derzeit mit Vorschlägen, was zu tun sei. Von de Maizières Vorschlägen halte er aber wenig, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel dem Spiegel.Es sei unglaubwürdig, wenn die CDU nun nach dem starken Staat rufe, aber der Bundespolizei 14.000 Stellen fehlten. Er sei dafür, salafistische Moscheen zu verbieten, Gemeinden aufzulösen und Prediger auszuweisen. Im Kampf gegen Islamismus und Terrorismus müsse aber auch der Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt und dafür gesorgt werden, „dass Stadtteile nicht verwahrlosen, Dörfer nicht verkommen und Menschen sich nicht immer mehr radikalisieren“. Das sei auch „ein kultureller Kampf“, so Gabriel.
Grüne und FDP zeigten sich offen für eine Verschärfung der Abschiebehaft, sehen de Maizières Maßnahmen ansonsten aber kritisch. Auch der Deutsche Richterbund warnte vor Aktionismus. „Der politische Wettlauf um schärfere Sicherheitsgesetze zum Auftakt des Wahljahres erweckt den fatalen Eindruck, dass unser Rechtsstaat den Gefahren des Terrorismus weitgehend hilflos gegenübersteht“, sagte dessen Vorsitzender, Jens Gnisa. Defizite gebe es eher „beim Vollzug der bestehenden Vorschriften“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links