Sicherheitsbehörden im Fall Anis Amri: Nächste Runde im U-Ausschuss
Das Parlamentarische Kontrollgremium attestiert den Sicherheitsbehörden im Fall Amri mangelhafte Arbeit. In Düsseldorf gehen die Befragungen weiter.
Der abgelehnte tunesische Asylbewerber Anis Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert und zwölf Menschen getötet. Der Untersuchungsausschuss soll durchleuchten, ob Sicherheitsbehörden Möglichkeiten versäumten, den als Gefährder eingestuften Mann rechtzeitig in Haft zu nehmen oder abzuschieben.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte dies am Dienstag als Zeuge im Untersuchungsausschuss bejaht. Nach seiner Auffassung hätte spätestens Ende Oktober, nachdem Tunesien Amris Identität bestätigt habe, ein Antrag auf Sicherungshaft gestellt werden können. Dies sei aber nicht einmal versucht worden.
Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags zum Fall Amri kommt in einem internen Bericht ebenfalls zu dem Schluss, dass der Fall von den damit befassten Sicherheitsbehörden nicht immer richtig bewertet worden sei. Das berichtet das rbb Inforadio unter Berufung auf Fraktionskreise. Der Bericht ist dem Sender zufolge 102 Seiten lang und als „geheim“ eingestuft.
Darin kritisiere das Kontrollgremium das Verfahren zur Bewertung von islamistischen Gefährdern im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum, wo alle Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern vertreten sind, als unzureichend. Kritik gibt es außerdem an der unzureichenden Einbindung der Nachrichtendienste, vor allem des BND, bei den Ermittlungen gegen Amri.
Der nordrhein-westfälische Sonderermittler im Fall Amri, Bernhard Kretschmer, war zu einem anderen Schluss gekommen. Nach geltender Rechtslage habe Amri nicht inhaftiert werden können, hatte der Professor in seinem Gutachten ausgeführt.
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