Sicherheit für Berlins Kleingärten: Fast ein bisschen tragisch
Der Kleingartenentwicklungsplan hakt im Abgeordnetenhaus – und das liegt ausgerechnet an der Grünen-Fraktion.
D ie Ägide von Rot-Rot-Grün neigt sich ihrem Ende zu, und so langsam wird es für die Koalitionärinnen Zeit, noch ein paar ihrer Projekte unter Dach und Fach zu bringen. So auch den Kleingartenentwicklungsplan (KEP), der die allermeisten der gut 70.000 Berliner Gartenparzellen dauerhaft erhalten soll. Der Senat hat ihn beschlossen, aber jetzt hakt es im Abgeordnetenhaus, und zwar unter den Fraktionen des regierenden Bündnisses. Zu besichtigen war das am Donnerstag im Umweltausschuss des Parlaments.
Das Thema ist nicht wenig brisant – weil es den Alltag von Hunderttausenden Menschen in der Stadt betrifft, aber auch, weil SPD und Linke hier bei einem Thema punkten, das die Grünen eigentlich gerade erst zu ihrem gemacht hatten.
Dass Kleingärten viel mehr sind sein können als Abstellflächen für Gartenzwerge, ist mittlerweile klar. Die grün geführte Umweltverwaltung bezeichnet sie längst als „historisch gewachsene, kulturelle, ökologische und soziale Ressource“, die dauerhaft zu schützen sei.
Nur: Ist der Kleingartenentwicklungsplan wirklich mehr als ein politisches Versprechen? Eine wasserdichte Absicherung per Bebauungsplan hat weiterhin nur jeder sechste Garten. Welche Perspektive haben die knapp 7.000 Gärten, für die es bloß Bestandsschutz bis 2030 gibt? Und was ist mit dem nicht unerheblichen Anteil öffentlicher Kleingärten auf privaten Flächen?
Hier ziehen plötzlich Rot&Rot die rettende Idee aus dem Ärmel: SPD und Linke wollen noch schnell ein Gesetz durchbringen, das den Erhalt aller Kleingärten festschreibt und diesen so rechtlichen Schutz gibt – durch die Anpassung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, aber auch durch den Ankauf von Anlagen auf privatem Grund.
Das sei alles ein „Wünsch dir was“, kritisiert der naturschutzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Turgut Altuğ. Rechtlich betrachtet sei ein solches Gesetz extrem schwierig, da es mit dem Bundeskleingartengesetz konkurrieren würde. Und in der Senatsumweltverwaltung fürchtet man schon eine Klagewelle privater Flächeneigentümer.
Fast ist es ein bisschen tragisch: Ausgerechnet bei ihrem Herzensthema „Stadtgrün“ müssen die Grünen plötzlich den undankbaren Part des Bremsers und Bedenkenträgers spielen. Keine schöne Rolle im anstehenden Wahlkampf.
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