Shell-Studie mit Jugendlichen: Beruf geht vor Familie
Kinder sind okay, aber nicht um jeden Preis. Jugendliche sind pragmatisch, der Beruf geht vor. Sie sind politisch, aber parteiungebunden.
Dieser „Pragmatismus im Aufbruch“ drückt sich beispielsweise im Auseinanderfall von Wunschdenken und Realismuscheck aus: Jugendliche heute wollen Familie und Kinder, gleichzeitig aber auch einen erfüllenden Beruf. Weil beides mitunter nicht ganz einfach zu vereinbaren ist, schränken manche ihren Kinderwunsch ein. So sagen heute 64 Prozent der Jugendlichen Ja zu Kindern. Vor fünf Jahren waren es noch 69 Prozent.
Das ist ein Ergebnis der Shell Jugendstudie, einer der umfassendsten Erforschungen junger Menschen, die es in Deutschland gibt. Seit 1953 lässt der Mineralölkonzern den Nachwuchs von Jugend- und Sozialinstituten befragen. Alle drei bis fünf Jahre präsentieren dann Wissenschaftler wie Mathias Albert, Professor an der Universität Bielefeld und einer der AutorInnen der Untersuchung, aktuelle Ergebnisse. Am Dienstag war es wieder so weit.
Trotz des zurückgegangenen Kinderwunsches bezeichnen junge Menschen der Studie zufolge Familie als äußerst wichtig. Für Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) Grund genug, Familienpolitik weniger als „Thema der Gegenwart und stärker als Thema der Zukunft“ zu definieren. „Familie geht vor“, glaubt Schwesig. Nun ja, revidiert allerdings Albert ein wenig: Hürden, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, würden „viel bewusster wahrgenommen“ und danach gehandelt. Anders formuliert: lieber ein gut verdienender Single in der Großstadt als armer Familienvater in der Pampa.
Frauen haben die Nase vorn
Manuela Schwesig, Ministerin
Zum „Pragmatismus im Aufbruch“ zählt auch, dass sich Jugendliche zwar wieder mehr politisch interessieren und engagieren (46 Prozent, 2002: 34 Prozent), aber deshalb trotzdem nicht stärker Organisationen wie Parteien, Kirchen sowie großen Unternehmen und Banken vertrauen. Stattdessen beteiligen sie sich in Bürgerinitiativen, gehen auf Demos und verweigern aus politischen und ökologischen Gründen, bestimmte Produkte zu kaufen.
Vor Ausländerfeindlichkeit haben die jungen Jahrgänge mehr Angst als vor Zuwanderung. Ein Unterschied: Im Osten ist die Furcht vor zu vielen MigrantInnen größer als im Westen. Ursache dafür seien „lange gewachsene Strukturen, die fortwirken“, so Albert.
Diesen Unterschied gibt es auch noch: Die Frauen haben bei der Bildung weiter die Nase vorn. „Sie sind modern, sie brechen Rollen“, wertet Jugendforscher Klaus Hurrelmann.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden