Shell-Jugendstudie 2019: Optimistisch, auch populistisch
Jugendliche legen viel Wert auf Umwelt- und Klimaschutz – das zeigt eine Studie. Gleichzeitig finden auch rechtspopulistische Aussagen Zustimmung.
![Drei Jugendliche auf einer Demo von Fridays for Future halten ein Transparent und rufen etwas Drei Jugendliche auf einer Demo von Fridays for Future halten ein Transparent und rufen etwas](https://taz.de/picture/3736549/14/Fridays_for_Future.jpeg)
Die Jugend von heute legt großen Wert auf Umwelt- und Klimaschutz, blickt meist optimistisch in die Zukunft, ist nicht in Lager gespalten und mehrheitlich tolerant und liberal: Das sind die zentralen Ergebnisse der 18. Shell-Jugendstudie, die der Ölkonzern sponsert, in unregelmäßigen Abständen veröffentlicht und am Dienstag vorgestellt hat.
Gleichzeitig finden aber auch rechtspopulistische Aussagen Zustimmung unter Jugendlichen in Deutschland: Mehr als zwei Drittel der Befragten waren der Meinung, man dürfe nichts Negatives über Ausländer sagen, ohne als Rassist zu gelten. Und mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer stimmten zu, dass „die Regierung der Bevölkerung die Wahrheit verschweigt“.
Im Ganzen allerdings ist die große Mehrheit der Jugendlichen mit der Demokratie zufrieden. Derzeit sehen 77 Prozent der Befragten das so, der Wert steigt seit Jahren – vor allem im Osten Deutschlands. Dort zeigen sich drei Viertel aller Jugendlichen mit der Staatsform Demokratie zufrieden, heißt es in der Studie. Toleranz gegenüber anderen Lebensformen, sozialen Gruppen und Minderheiten bleibe ein „Markenzeichen“ der Jugendlichen, schreiben die Wissenschaftler.
Dennoch hat die Studie ergeben, dass jeder fünfte Jugendliche es nicht gut fände, eine Flüchtlingsfamilie als Nachbarn zu haben. Bei türkischen Familien sehen das 18 Prozent so.
Die Wissenschaftler halten fest: „Eine Polarisierung der jungen Generation im Sinne einer Aufspaltung in größere und unversöhnliche Lager lässt sich in Gänze nicht feststellen.“ Nur neun Prozent der Jugendlichen würden populistischen Statements durchgängig zustimmen und eine ablehnende Haltung gegenüber Vielfalt betonen.
Wenig Vertrauen in Kirchen, Parteien, Banken
Die Kritik am sogenannten Establishment bediene ein Empfinden, „nicht ernst genug genommen und übergangen zu werden“, schreiben die Wissenschaftler in der Studie. Für die Untersuchung wurden zwischen Januar und März dieses Jahres 2.572 Jugendliche zwischen zwölf und 25 Jahren per Fragebogen befragt. Mit 20 Jugendlichen fanden vertiefende qualitative Interviews statt.
Am meisten Angst mache den Jugendlichen das Thema Umweltverschmutzung, fast drei Viertel nennen die Verschmutzung als Hauptproblem. 2015 war das noch die Angst vor Terroranschlägen, die nun auf Platz zwei liegt, auf Platz drei liegt der Klimawandel. Die Angst vor wachsender Ausländerfeindlichkeit (52 Prozent) ist genauso wie 2015 noch größer als vor weiterer Zuwanderung (33 Prozent). 2015 hatte sich noch jeder dritte Jugendliche dafür ausgesprochen, weniger Zuwanderer als bisher aufzunehmen – dieser Wert ist in diesem Jahr gestiegen, mittlerweile ist jeder zweite Jugendliche der Meinung, weniger Zuwanderer aufzunehmen.
Der Studie zufolge informiert sich die Mehrheit der Jugendlichen zu politischen Themen im Internet, das größte Vertrauen würden die meisten jungen Deutschen aber nach wie vor klassischen Medien wie dem Öffentlichen Rundfunk oder großen überregionalen Tageszeitungen entgegenbringe, heißt es in der Studie. Jeder zweite Jugendliche halte zum Beispiel Youtube für „weniger bis nicht vertrauenswürdig“.
Wenig Vertrauen bringen Jugendliche der Studie zufolge außerdem Institutionen wie den Kirchen, Parteien, Banken und Unternehmen entgegen. Hohes Ansehen genießen bei den Jugendlichen andere Institutionen: die Polizei, das Bundesverfassungsgericht und Umweltschutzgruppen.
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