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Sexueller MissbrauchPapst bittet um Vergebung

Die Kirche sei sich der schlimmen Folgen des Missbrauchs von Kindern durch Priester bewusst, sagte der Papst am Freitag. Er traf sich mit Kinderschützern im Vatikan.

Kritiker sind darüber verärgert, dass sich Papst Franziskus bisher nicht mit Missbrauchsopfern getroffen hat. Bild: dpa

ROM dpa/ap | Papst Franziskus hat die Opfer von Kindesmissbrauch durch Priester in der katholischen Kirche um Vergebung gebeten. „Ich fühle mich berufen, mich der Sache anzunehmen, des Bösen, das einige Priester getan haben (...), und um Vergebung zu bitten, für den Schaden, den sie angerichtet haben, für den sexuellen Missbrauch an Kindern“, sagte der Pontifex am Freitag bei einem Treffen mit Kinderschützern im Vatikan.

Die Kirche sei sich der schlimmen Folgen bewusst und wolle keinen Schritt zurück machen bei der Behandlung des Problems und der Bestrafung der Täter. „Es ist ein persönlicher und moralischer Schaden, verübt durch Männer der Kirche“, betonte Franziskus.

Interessengruppen, die sich für Opfer sexuellen Missbrauchs einsetzen, hatten den Papst wegen der ihrer Ansicht nach unzureichenden Aufmerksamkeit der Kirche für das Problem kritisiert. Zudem gibt es Forderungen nach einer Bestrafung von Bischöfen, die die Taten von Pädophilen vertuscht hätten. Kritiker sind auch darüber verärgert, dass sich der Papst nicht mit Missbrauchsopfern getroffen hat und einer Zeitung kürzlich sagte, die Kirche sei wegen ihrer Rolle im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen auf unfaire Weise angegriffen worden.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche hatte im Dezember eine Kommission gegen Kindesmissbrauch eingerichtet und kurz nach seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr angekündigt, entschlossen gegen Fälle von sexuellem Missbrauch in der Kirche vorgehen zu wollen.

Die katholische Kirche war im Jahr 2010 von einem Skandal um jahrzehntelangen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen erschüttert worden. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche Fälle von Missbrauch durch Kirchenvertreter in mehreren Ländern bekannt.

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9 Kommentare

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  • Außerdem nutzt Franziskus eine therapeutische Taktik: das Externalisieren.

     

    http://www.domradio.de/themen/ethik-und-moral/2014-04-11/papst-franziskus-warnt-vor-dem-boesen-und-entschuldigt-sich-bei

     

    Fazit: der sexuelle Missbrauch durch Priester, Nonnen und weiteres Kirchenpersonal ist "Teufelswerk". Ist also Zeichen der Existenz des Bösen, aber nicht Folge institutionellen Versagens.

     

    Du hast Mut Papa Franz!

     

    Denn es gibt doch allerlei Hinweise darauf, dass sexueller Missbrauch zwingend ein Teil des klerikalen Machtgebrauchs innerhalb der Römisch-Katholischen Kirche ist. Er hat eine Funktion und einen Wert für Diejenigen, die Macht aufbauen, verteilen und nutzen.

  • Danke Frau Oetken! Danke für Ihre Kommentrare!

    Missbraucht wurde eine FReundin, als sie 15 war, vom Priester verführt, der ihr vorgaukelte, sie sei die einzige "Frau" die er liebe. Sie hielt es geheim, bis sie den Druck nicht mehr aushielt. Und sich einer anderen Freundin anvertraute... doch auch die war die "einzige" und vier oder fünf andere junge Frauen 15, 16, 17, in der katholischen Jugend oder im Kirchenchor ebenfalls. Zu ihnen allen hatte er geheime, sexuelle Beziehungen gehabt. Was geschah mit dem Kerl? Er wurde wegbefördert - an eine Uni. Dort hat er die übliche Priesterkarriere gemacht, mit all den Gehaltserhöhungen und der nun bald anstehenden fetten Altersversorgung. Um Verzeihung gebeten hat bis heute niemand die jungen Frauen. Der nicht, der folgende Priester nicht, der Bischof nciht. Niemand. Bis heute nicht. Hallelujah.

    • @Maria Burger:

      @Maria Burger,

       

      was Sie schildern ist typisch. Herr Leygraf hat ja in seiner Studie nicht umsonst etwas Aufschlussreiches zu Tage gefördert: die Kinder missbrauchenden Priester unterscheiden sich, was ihre pädosexuelle Disposition angeht gar nicht von der Durchschnittsbevölkerung. D.h. es gibt unter den Priestern nicht mehr Pädophile als anderswo.

      http://www.wir-sind-kirche.de/?id=128&id_entry=4369

       

      Auch wenn diese Untersuchung zu Recht kritisiert wird: sie bezieht sich auf jeden Fall auf entlarvte Täter. Und da hätten man doch erstmal angenommen, dass sich unter Diesen überdurchschnittlich viele Pädosexuelle befinden müssten. Scheint aber nicht so zu sein.

       

      Folglich handelt es sich bei übergriffigen Priestern um die Art Täter, die aus psychosozialer Verwahrlosung heraus missbraucht. Solche Menschen gibt es in der Normalbevölkerung auch. Sie sind manipulativ, neigen zum Lügen und Täuschen, ihr soziales Gewissen ist wenig ausgeprägt. Sie missbrauchen aus Prinzip. Dabei ist es eher unerheblich, ob es sich bei ihren Opfern um Kinder, Frauen oder Männer handelt. Hauptsache, sie haben die Gelegenheit Übergriffe zu begehen.

      Diese Art Täter scheint in den Ordensgemeinschaften besonders häufig vertreten. Und jetzt dürfen wir mal ganz stark nachdenken, warum die DBK die Orden nicht angesprochen hat, ob sie sich an der Missbrauchsstudie beteiligen wollen.

       

      Zwei Dinge sollten sich alle Verantwortungsbewussten und Entscheidungsfähigen in Bezug auf den Klerus genauer ansehen:

       

      dessen Sicht auf Sexualität und seinen Opferbegriff.

       

      Meine Einschätzung: der Umgang der Kleriker mit "Sex" hat schon was Paranoides und die Haltung Missbrauchsopfern gegenüber offenbart, dass sich Relikte uralter Menschenopferkulte innerhalb der RKK erhalten haben und dass sie sogar gepflegt werden.

       

      Aber da kann ich auch schief liegen. Müsste man mal TheologInnen fragen.

       

      VG

      Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

  • Die Päpste haben ja immer schon um Vergebung gebeten, das mussten sie ja auch.... Weil wir beim Thema sind: Übrigens ist am 8. April der Kirchenkritiker Karheinz Deschner gestorben. Sein Lebenswerk ist großartig, aber scheinbar hat niemand in den "Leitmedien" Interesse sein Werk zu würdigen oder überhaupt den Tod des akribischen Arbeiters zu erwähnen, wo man sonst Portraits über jeden C und D Promi in den Medien inklusive Tagesschau serviert bekommt. Seltsam, wobei das denke ich den Kirchen ganz gut in den Kram passt... Er hat auch ein tolles Buch über Amerika geschrieben "Der Moloch", absolut empfehlenswert.

  • Da hat Papa Franz jetzt wieder voll den Vogel abgeschossen, und ist seinem Personal wieder einmal Jahrzehnte voraus. Diese nämlich, vor allem in Deutschland, scherren sich nicht viel um die Opfer. Um Entschuldigung gebeten (Anm.: Man kann sich nicht selbst entschuldigen!) kommt bei deutschen oder auch us-amerikanischen Kirchenfürsten nicht in die Tüte. In Deutschland soll wieder nur da, wo nichts mehr zu finden ist, bis 1945 zurückgeforscht werden. Also wieder einmal Roß-Täuschung.

  • Ohhhh..... Vorsicht Papa Franz! So lange wie du jetzt schon Papst bist, habe ich dich als sehr cleveren Kerl betrachtet. Und fast so etwas wie Respekt entwickelt. Jedenfalls für deine grandiose PR-Leistung. Das Image des arg angeschlagenen Dampfers RKK in knapp einem Jahr wieder aufpoliert. Und mir nix dir nix noch die Herrschaft über die Finanzen des Vatikan erlangt.

    Das nenne ich eine Führungsleistung!

     

    Aber jetzt das. Vor ein paar Wochen fängst du an zu mosern:

     

    "Die katholische Kirche sei "vielleicht die einzige" öffentliche Einrichtung, die in der Frage "mit Transparenz und Verantwortungsbewusstsein" gehandelt habe, sagte der Papst der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". "Kein anderer hat mehr getan", fügte er hinzu. Trotzdem sei die Kirche die einzige Organisation, die attackiert werde."

    http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Panorama/d/4380186/niemand-tut-mehr-gegen-missbrauch-als-kirche.html

     

    Und jetzt bittest du die Opfer um Vergebung. Aber ohne konkretes Schuldanerkenntnis. Nicht nur das: "des Bösen, das einige Priester getan haben"... nein, nein, nein... es waren nicht nur "einige Priester" beteiligt, sondern die gesamte Organisation, deren Oberhirte du seit über einem Jahr bist.

     

    Das bitte nicht vergessen. Das -Kirchen-Volk will zwar belogen sein. Aber du bist dank deiner grandiosen Showtalente zum Helden aufgestiegen. Und da gibt es etliche Menschen, die es nicht vertragen, wenn sie feststellen, dass der Papa gar nicht vorhat alles zu richten.

     

    Im Gegenteil.

     

    Halt die Ohren steif. Vielleicht kannst du damit den Fall abbremsen.

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

    • @Angelika Oetken:

      Danke, Frau Oetken!

      Ich darf zustimmen, denn mittlerweile zeigt sich die "Organisation" sehr deutlich, und im Abwiegeln dieses Papstes zeigt sich die menschenverachtende Einstellung dieser Organisation. Noch nie hat sich eine "Kirche" so deutlich zu erkennen gegeben wie seit 2010.

    • A
      aurorua
      @Angelika Oetken:

      Sehr geehrte Frau Angelika Oetken,

       

      es fasziniert mich wie Sie als Opfer noch in der Lage sind so gemäßigt zu kritisieren, chapeau!

      Ich selbst bin Ende der achtziger aus der r.k. Kirche ausgetreten, immer wieder fanden sich neue Gründe, dass ich damit richtig gehandelt habe. Zuletzt dieser Wahnsinn in Sachen Kindesmissbrauch und wie, insbesondere auch von staatlicher Seite, so bagatellhaft damit umgegangen wird. Von den lächerlichen monetären "Entschädigungen" einmal ganz abgesehen.

      Ich dachte in der letzten Zeit des öfteren Herr Bergolio würde wirklich leben und handeln wie es sich für einen "guten , geraden Menschen" gehört, aber Ihr Bezug zur PR-Masche zwingt mir da schon wieder Zweifel auf. Danke für ihre konstruktive Kritik.

      Ihnen alles Gute!

       

      Berlin, den 12.04.2014

       

      Mit freundlichen Grüßen

       

      Friedrich Weitner

      • @aurorua:

        Sehr geehrter Herr Weitner,

         

        ich bin nicht von Missbrauch im kirchlichen Kontext betroffen, arbeite aber mit Opfern der RKK eng zusammen.

        Deshalb habe ich eine ziemliche Distanz. Bei mir wurde nie ein katholischer Chip implantiert...

         

        Letztendlich unterscheiden sich aber die grundsätzlichen missbrauchsfördernden Strukturen und Einstellungen und die Abwehrreflexe nicht groß in den verschiedenen Kontexten.

         

        Eigentlich funktioniert es in den Familien, genauso wie in Internaten, Heimen und Sportvereinen. Einige werden geopfert. Manchmal wegen Banalitäten. Damit es vielen besser geht oder sie Privilegien behalten können.

         

        Interessant wird es, wenn die Opfer die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen wollen.

         

        Mit freundlichen Grüßen,

        Angelika Oetken, Berlin-Köpenick