piwik no script img

Sexuelle GewaltWir, das Täterumfeld

Täglich landet ein neuer Fall sexualisierter Gewalt vor Gericht: Das ist kein Sommerthema, sondern ein sozialer Tatbestand – den es zu verstehen gilt.

Täter ohne Gesicht: Der mutmaßliche Möder von Lena. Bild: dpa

BERLIN taz | In Kiel ist es ein Schwimmtrainer, in Stralsund ein Übungsleiter für Segeln. In Magdeburg sitzt ein Rentner auf der Anklagebank, in Braunschweig ein Busfahrer. In Emden geht es um einen 18-Jährigen, und in Schwedt wird der Prozess gegen einen 32-jährigen Mann neu aufgerollt. Allen diesen Verhandlungen ist gemeinsam, dass es um Missbrauch geht, um sexuelle Gewalt.

Wahrscheinlich sind es nicht mehr Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung als früher, die man gerade versucht zu ahnden. Nur setzen die Agenturen es öfter auf die Vorschauen, die durch den Nachrichtenticker rauschen; und in den Zeitungen denkt man jetzt darüber nach, hochsensible Missbrauchsredakteure einzustellen. Nein, das geschieht selbstverständlich nicht – so genau will es dann doch niemand wissen.

Nur solange es um Mord geht wie in Emden, wo der 18-jährige mutmaßliche Täter die kleine Lena wahrscheinlich erwürgt hat, gibt es einen, auf den man voller Abscheu zeigen kann: den Verbrecher, den Fremden. Aber was tun, wenn es der Busfahrer ist, der Tag für Tag behinderte Kinder sicher in die Schule bringt? Oder der tolle Trainer, der Opa oder gar der Lebensgefährte? Das glaubt man nicht. Das kann man nicht glauben.

Das ist die zweite Gemeinsamkeit all der Fälle: Sie sind unfassbar und unglaublich. Egal ob es um Mord geht. Oder um die Vergewaltigung eines elf Jahre alten behinderten Mädchens in einem Waldstück. Oder ob es Sex mit einer 16-jährigen Schutzbefohlenen war – mit ihrem psychologischen Betreuer. Die stärkste Lobby des Täters ist sein Umfeld, es steht fast immer zunächst auf seiner Seite.

Zweite Attacke auf die Opfer

Er traue ihm die Taten bis heute nicht zu, sagt etwa der Vorsitzende des Segelclubs über jenen Trainer, der in mindestens acht Fällen Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren missbraucht haben soll. Er möchte nicht vorverurteilen, sagt der Vereinschef. Der Trainer habe immer sehr engagiert gearbeitet. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, tue es ihm um die Kinder leid.

Das ist die typische und irgendwie auch verständliche Reaktion. Aber sie ist eine zweite schwere Attacke auf die Opfer. Denn sie, denen etwas Schreckliches widerfahren ist, erleben Solidarität – mit dem Täter. Nur wenn es tatsächlich so gewesen sein soll, dann, nur dann tut es uns auch für sie leid.

„Wir können es vor uns selbst nicht zulassen, dass unser Bekannter, der nette Mann von nebenan oder unser charismatischer Trainer der Vergewaltiger eines Kindes ist“, beschreibt Julia von Weiler dieses Phänomen. Sie leitet die Anti-Cyber-Missbrauchs-Initiative „Innocence in Danger“. „Der Täter als ein Teil unseres nächsten Umfelds – das wollen die Menschen nicht begreifen. Und das hindert die Gesellschaft ganz allgemein daran, endlich effektive Schritte gegen sexuelle Gewalt zu unternehmen. Weil wir uns dagegen wehren, verstehen wir es nicht.“

Missbrauch hört nie auf

Was die Mediengesellschaft gerade schmerzhaft erfährt, ist das, von dem Opfer stunden-, tage-, jahrelang berichten, wenn man ihnen zuhört: Missbrauch hört nie auf, er vergeht nie. Sexuelle Gewalt ist kein Scheinriese, der uns die Sonne dieses Sommerlochs verschattet, sondern es ist ein (a)sozialer Tatbestand, der Tür an Tür mit uns wohnt. Zu zwei Dritteln findet er sogar hinter derselben Tür statt, weil es etwa so viele Fälle sind, die in der eigenen Familie geschehen.

Gerade wenn wir uns eingestehen, dass die Tat im Umfeld der scheinbar liebsten und besten Absichten geschieht, etwa in lustigen Parkeisenbahnen, heiligen Sakristeien oder reformpädagogischen Wunderschulen, müssen wir nüchtern werden: Es geht nicht nur um Befriedigung, sondern um Macht. Der Trainer hat Macht über die Schwimmerin, der Busfahrer über das behinderte Kind, der Opa über seine Enkel – und missbraucht sie. Deswegen sprechen Experten von sexualisierter Gewalt.

Vielleicht sollten wir mal in den Zoo gehen und zusehen, wie Paviane oder Bonobos ihr Rudel regieren – und unseren besten Freund mal in die Position des Oberaffen denken. Dann verstehen wir Missbrauch besser. Und diesen Sommer voller Prozesse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

36 Kommentare

 / 
  • S
    suswe

    @ phil: Diejenigen, die reichlich Geld mit der Produktion von Pornofilmen mit Kindern verdienen, sollten mal zu Verlierern gemacht werden.

  • H
    hto

    Wir, das Täterumfeld, wo es im Grunde kein Wir und keine Unschuldigen gibt - Menschen sind eben auch nur Tiere!?

     

    Schaut genau hin, was den Mensch in GLEICHERMAßEN unverarbeiteter / MANIPULIERBARER Bewußtseinsschwäche von Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein" auf heuchlerischer Sündenbocksuche hält - die Reizüberflutung, in konfusionierender Überproduktion von systemrationalem KOMMUNIKATIONSMÜLL, für den nun "freiheitlichen" Wettbewerb um ..., dient vor allem der bewußtseinsbetäubenden Symptomatik in Konsum- und Profitautismus, über den Mensch sich LÄNGST mit kompromissloser Gestaltung der einzig menschenwürdigen Möglichkeiten im geistig-heilenden Selbst- und Massenbewußtsein hätte erheben sollen!!!

  • EW
    Er war sehr freundlich

    Das Affenbeispiel ist grober Unfug. Es geht eben nicht nur um Macht. Wer sich an Kinder heranmacht, will an die Unschuld - um sie bei sich selbst wieder herzustellen (gilt für Opfer, die zum Täter werden) und/oder um sie zu vernichten. Soviel Hintergrundwissen darf man von einem sich als Experten gerierendem Autor erwarten.

     

    Unter Aufklärung verstehe ich etwas anderes, bspw:

     

    http://taz.de/Paedagogischer-Eros/!50492/

  • R
    reblek

    Von "Missbrauch" lässt sich eigentlich nur schreiben, wenn es auch "Gebrauch" gibt. Worin sollte der in diesem Zusammenhang bestehen (können)? Insofern ist diese Formulierung von Füller völlig korrekt: "Oder um die Vergewaltigung eines elf Jahre alten behinderten Mädchens..." Absurderweise wird aber, wenn es um Kinder und Jugendliche geht, nicht von "Vergewaltigung" gesprochen, und zwar auch im Strafrecht, sondern von "Missbrauch", was ich für einen Missbrauch der deutschen Sprache halte.

  • HK
    High Knee

    "Vielleicht sollten wir mal in den Zoo gehen und zusehen, wie Paviane oder Bonobos ihr Rudel regieren – und unseren besten Freund mal in die Position des Oberaffen denken. Dann verstehen wir Missbrauch besser. Und diesen Sommer voller Prozesse."

     

    Damit will Herr Füller wohl andeuten, dass ja nun jeder Mann ein potentieller Vergewaltiger ist.

     

    Solche Artikel kotzen mich an.

     

    Es ist ja schon so, dass man sich als Mann kaum noch traut, unbefangen das Patenkind / die Nichte / die Nachbarstochter mal in den Arm zu nehmen, damit ja niemand irgendwas denken könnte....

     

    Missbrauch ist nie ganz auszuschließen, umso ernster sind die Klagen zu nehmen. Aber gleich mal wieder pauschal auf die Männer einzudreschen greift deutlich zu weit.

     

    Solche Artikel verbreiten einfach nur Misstrauen, das die algemeine Unschuldsvermutung untergräbt und die Atmosphäre auf Dauer vergiftet.

  • J
    jacky

    Guter Beitrag,

     

    allerdings halte ich es für fraglich, ob es da Lösungsoptionen gibt. Es ist aus meiner Sicht ziemlich menschlich, dass wir mit Familie&Freunden solidarischer umgehen, als mit dem "Fremden". Immerhin entwickeln wir ja für diese Menschen das, was mensch "Vertrauen" nennt. Würde ich beim geringsten Verdacht (Hey, der Onkel Matthias oder Tante Maria holen mein Kind ja jetzt schon das zweite Mal im Monat zum Eis essen ab), dann wäre das ziemlich misstrauisch, paranoid, und letztendlich wär ich ein einzelnes Individuum, das nur sich selbst vertrauen kann.

     

    Menschliche Beziehungen bauen schließlich auf Vertrauen auf.

  • AF
    Alois Fischer

    "Das ist kein Sommerthema, sondern ein sozialer Tatbestand – den es zu verstehen gilt." Ich habe mir diesen Artikel eignetlich nur durchgelesen, weil ich mir wirklich erhofft hatte mit einer Argumentation konfrontiert zu werden, die Laien aber auch vermeintlichen Experten aufschlüsse darüber gibt, warum Menschen überhaupt zu Sexualstraftätern werden. Eines ist klar "als er auf die Welt gekommen ist war er noch keiner" und hätte auch nicht im geringsten einfach ohne Grund zu einem werden können. Traurig an diesem Artikel ist, dass er sich der üblichen unrefektierten Klischees wie z.B. "der Macht" bedient und darüberhinaus zu überhaupt keinem Verständnis hinsichtlich dieser Thematik beiträgt. Ich möchte mal dazu anregen in diesem Zusammenhang ein sehr interessantes Werk "Am Anfang war Erziehung" von Alice Miller zu lesen. Mag es ja noch immer Menschen geben, die glauben, dass Sexualstraftäter ein bestimmtes Gen besitzen oder für ihr handeln selbst verantwortlich gemacht werden müssen. Dabei eine Anmerkung von Kant: Der Mensch ist das was die Erziehung aus ihm macht. Gerade solche Beiträge leisten keinen Beitrag etwas zu verbessern als vielmehr Hass und Verachtung zu sähen die weder Opfer noch Täter gestern, heute und morgen helfen.

  • M
    Mohammed

    Ein sehr guter, sensibler und längst fälliger Beitrag - danke an Herrn Füller ...

     

    Ein Gericht muss sich in der Tat an die Unschuldsvermutung halten. Normalbürger_innen sind aber keine Richterinnen und Richter – und dürfen sich durchaus schon mal vor einem Gerichtsurteil auf die Seite der wahrscheinlichen Gewaltopfer stellen … gerade wenn es sich dabei um Kinder handelt und zudem laut Artikel von „mindestens 8 Fällen“ von Vergewaltigungen ausgegangen wird … da scheint mir der Ruf nach der unbedingten Unschuldsvermutung dann doch eher auf genau den Wunsch nach Verdrängung hinzudeuten, der im Artikel so zutreffend angesprochen wird.

     

    Den hier in Kommentaren benutzten Begriff „Kinderschänder“ halte ich übrigens für ein absolutes Unding.

     

    Im Begriff „Kinderschänder“ steckt der Gedanke der „Schande“, also eine Verletzung der Ehre, ein Gesichtsverlust. Der Begriff konnotiert, das „geschändete“ Kind würde von nun an in Schande leben – ich denke, damit verletzt man nicht nur die Opfer, sondern bürdet ihnen zusätzlich zu den Folgen der an ihnen begangenen Tat auch noch die psychische Last eines vermeintlichen gesellschaftlichen Ehr- und Gesichtsverlustes auf.

     

    Darüber hinaus rückt in diesem Begriff die Verletzung eines gesellschaftlichen Tabus in den Mittelpunkt des Interesses - und vernebelt dadurch die eigentliche Tat und das eigentliche Problem.

    Denn nicht eine vermeintliche „Schande“, hervorgerufen durch einen „Schänder“ ist das, worum es geht oder gehen sollte: Es geht um eine schwere Gewalttat, eine Vergewaltigung. Der Begriff verniedlicht und beschönigt daher in meinen Augen das Verbrechen.

     

    Auch die längst nicht so problematischen Begriffe „Sexueller Mißbrauch“ und „Mißbraucher“ verfehlen in diesem Punkt den Kern der Sache. Die Täter und Täterinnen sind Gewaltverbrecher, Kindervergewaltiger. Die begangene Tat ist sexualisierte Gewalt, eine Kindervergewaltigung.

  • P
    Pilkowski

    Korrekt müsste die Überschrift lauten: "Wir, das Täter_innenumfeld"!

  • M
    Michael

    Ich fänd's spannender, auf die Strukturen zu gucken, die Missbrauch ermöglichen, statt auf die Personenen des Täterumfeldes: Die sozialen Strukturen, die symbolischen Strukturen, die institutionellen Strukturen. Bei der Odenwaldschule ist das ziemlich augenfällig, dass es bestimmte Strukturen sind, die mit dem Verbrechen korrelieren, es stützten und begünstigten: Internat, der Nexus Schule-Wohnen als quasi-totalitäre Einrichtung, die Stellung der Schule in der deutschen Schullandschaft als fast einziger Lichtblick, den es vor Schmutz zu schützen gilt, weil so viel auf dem Spiel steht etc. ... Vermutlich kann man auch Verbindungen ziehen zum gesellschaftlichen Umfeld, dem Menschenbild unserer in unserer Gesellschaft ... ich meine, diese Gesellschaft ist voll von Missbrauch allenthalben, nicht nur sexualisiertem. Schade dass der Autor diesen weiteren Horizont nicht beschreibt. Statt dessen mal wieder: "Innocence in Danger" in der TAZ ... Argh.

  • MR
    Marius Richter

    Als ich diesen Artikel las, dachte ich folgendes: Die "Anti-Cyber-Missbrauchs-Initiative 'Innocence in Danger'" zum Thema sexuelle Gewalt zu zitieren ist ungefähr so seriös wie bildungspolitische Positionen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft zu übernehmen.

     

    Dann sah ich den Namen des Autors und stimmte spontan einen alten Mike Krüger-Hit an: "Ach du bist's, Christian, dann macht das nichts..."

  • G
    gesche

    Den Satz an dem viele sich hier aufhängen ("Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, tue es ihm um die Kinder leid.") verstehe ich nicht als Wunsch, die Unschuldsvermutung außer Kraft zu setzen.

    Sondern zu zeigen, wie das Prinzip der Unschuldsvermutung vom Umfeld häufig so genutzt und gewendet wird, dass der Beschuldigte als unschuldig betrachtet werden kann. Anstatt als jemand, der verdächtig ist und wo der Verdacht überprüft werden muss.

    Und _das_, das Nutzen jeder Möglichkeit, um den Beschuldigten freizusprechen, die Möglichkeit so einer Tat abzuwehren, ist das große Problem.

  • P
    PeterNolan

    Natürlich ... tut es nur leid wenn die Vermutung stimmt. Also das der Trainer sich an seinen Schutzbefohlenen vergangen hat. Hat er dies nicht getan, wird aus dem Vorwurf eine Verleumdung und dann wäre der vermeintliche Täter plötzlich das Opfer.

     

    Kurz gesagt: Vor dem Urteil erfolgt die Prüfung. Ich kann da nichts Falsches darin sehen.

  • P
    Prokrustes

    Mein Eindruck ist eher, dass der Verdacht sexuellen Missbrauch begangen zu haben, das Ende fast aller sozialer Kontakte (Ehe, Freunde, Familie...) sowie der eigenen Karriere ist. Und zwar unabhängig davon, ob am Ende des Verfahrens ein Schuldspruch steht oder nicht. Unsere Gesellschaft ist da sehr viel rigoroser als der Rechtsstaat.

     

    Ich möchte an dieser Stelle an die "Operation Himmel" erinnern, bei der immer nur von Verdächtigen, aber nie von Verurteilten die Rede ist (und zwar nicht ohne Grund). Man versuche sich vorzustellen, Abends von der Arbeit zu kommen, nachdem die Polizei die eigene Wohnung auf den Kopf gestellt, das Schloß ausgetauscht und allen Nachbarn Bescheid gesagt hat, man ermittle da wegen Kinderpornographie. Für über 12000 Deutsche war das seinerzeit Realität. Praktisch alle Verfahren wurden übrigens (Jahre später) eingestellt.

  • A
    Asexuell

    Sodomistische Spannerarroganz im Knast für Tiere ist ganz besonders aufschlußreich. Im Gegensatz zur Menschenpest vergewaltigen Tiere nicht. Kinder sind aber auch schön glücklich, wenn sie Pferde reiten und Tiere reiten ist keine Machtdemonstration. keine Vergewaltigung? Warum haben wohl Autos vier Räder? Zum Vergewaltigen von Mutter Erde.

  • F
    Fritz

    Das Leben laesst sich nicht so eintueten.

     

    Schauen wir doch lieber mal auf den Fall Assange.

     

     

    Oder auf den Fall einer "legitimen Vergewaltigung".

     

     

    Das Leben ist nicht harmlos und immer ein Risiko

  • A
    abby_thur

    @ von tsitra:

     

    Sie möchten also einem 1-jährigen der kaum sprechen (oder gar nicht sprechen) kann, und lediglich Wörter wie Mammmmma oder Wau Wau äußert erklären, das es dies und das deswegen nicht tun darf?

     

    Was ist das für ein Quatsch? Kurze,klare Ansagen NEIN verstehen die Kinder, ewiges Palaver hingegen nicht.

  • I
    Ich

    Sollte eines meiner Kinder auch nur wage einen derartigen Übergriff andeuten, dann würde ich sofort jeden Kontakt zu dem (vermeintlichen) Täter unterbinden. Würde dieser Mensch zu meinem Haushalt gehören, müßte er noch indenselbem Moment ausziehen.

     

    Dann und wirklich erst dann kann ich versuchen weiter einen eventuellen Tathergang aufzuklären. So würde ich nicht handeln, weil mir die sogenannte Unschuldsvermutung egal ist, sondern weil mir meine Kinder nicht egal sind.

     

    Zuerst kümmere ich mich um das Wohl meiner Kinder und dann um das Wohl eines potentiellen Täters.

     

    Objektiv bleiben dürfen meinetwegen dann Polizei, Presse und andere.

  • M
    Mark

    "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, tue es ihm um die Kinder leid. "

     

    Ich frage mich ja gerade, was uns der Autor mit diesem Satz sagen will.

    *Natürlich* tut es nur leid, wenn die Vorwürfe auch stimmen. Soll uns ein nicht stattgefundener sexueller Mißbrauch leid tun? Wie das denn? "Wir hatten den Verdacht, dass ein Kind sexuell mißbraucht wurde. Es war zwar nicht so, aber es tut uns trotzdem ganz furchtbar leid."

  • M
    miri

    Ist es nicht gut und natürlich, dass wir den Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" offenbar verinnerlicht haben? Wäre unsere Gesellschaft nicht sonst vergiftet von Argwohn? Ich gehe mein männliches Umfeld durch -- nein, keiner, dem ich einen Übergriff auf ein Kind zutraue. Würde ich sonst, verdammt noch mal, mit diesen Männern zusammenarbeiten und leben wollen?! -- Käme ein Kind mit einer Beschuldigung, müsste ich natürlich neu denken. Aber ich weigere mich, eine allgemeine Verdachtsatmosphäre zu verbreiten, damit das Kind es leichter hat, sein Erleben vorzubringen, damit die Hemmschwellen niedriger sind. Das muss ihm dann auf andere Weise erleichtert werden. "Komm, mein Kind, alle Männer sind Schweine, welcher hat dir diesmal was getan?" Nein danke.

     

    Wenn jeder Verdacht schon eine Schuld, jede Anklage schon das Urteil wäre -- dann wären wir wieder in Zeiten der heiligen Inquisition.

  • P
    phil

    Eines ist doch auch klar, wer unschuldige Menschen öffentlich des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, kann damit Existenzen zerstören (war das nich auch in Emden so?)

    Dabei ist die Frage nach juristischer Schuld sekundär, wer öffentlich in den Medien als potentieller Sexualstraftäter dargestellt wird, hat doch auch schon verloren.

    Pogrome von Bürgern in Form von Demonstrationen gegen die vermeintlichen Monster gehören doch auch schon zum Alltag.

    Der Artikel scheint darauf abzuzielen, dass die Konsequenz solcher Straftaten weniger schlimm wären, wenn nur das rechte Bewusstsein in der Öffentlichkeit dafür geschaffen wird. Das ist aber ein Luftschloss.

    Bei Straftaten mit sexuellem Hintergrund gibt es in der Regel nur Verlierer.

  • T
    tsitra

    Sehr guter Beitrag.

     

    Wichtig finde ich besonders diese Aussage:

    "Es geht nicht nur um Befriedigung, sondern um Macht"

     

    Ich nehme in unserer Gesellschaft einen sorglosen, selbstverständlichen, unbefangenen und arglosen

    Umgang mit Macht von Menschen über Menschen wahr.

     

    Menschen bestimmen, wie selbstveständlich, über das

    Selbstbestimmungsrecht anderer Menschen.

     

    Mir ist klar, dass bei der Kindererziehung da

    "Abstriche gemacht" werden müssen.

    Unbedingt jedoch muss die Würde des Kindes beachtet und geschützt werden!

    Bei einem z.B. erst einjährigen Kind, ist es sehr sinnvoll ihm einfach verbal zu erklären, warum es dies oder jenes nicht soll/darf, es versteht auf einer speziellen Ebene und fühlt sich als Mensch ernst genommen und respektiert.

    Das jedoch können oder wollen viele Eltern/Erzieher von Kindern nicht.

    In den Schulen(durch die Schulpflicht) führt sich die Sache fort.

    Das hemmt eine Weiterentwicklung von Achtung und Respekt

    vor dem Selbstbestimmungsrecht anderer Menschen sehr, was wiederrum die Bereitschaft zu sexuellen Übergriffen fördert.

     

    Ich formuliere es mal grob und vulgär:

     

    Wir haben zu sehr eine Kultur des

    "Ist mir scheißegal was Du willst, wir machen das jetzt so, auch wenn es Dir nicht passt!"

     

    Gerade fällt mir an, dass der äüßerst traurige Umgang

    mit den so genannten Nutztieren auch ein Beispiel der

    Umsetzung von Macht ist.

  • F
    Felix

    ich weiß nicht was ich von dem beitrag halten soll. eine sensibilisierung in dem bereich ist wirklich wichtig, aber so sätze wie:

     

    " Nur wenn es tatsächlich so gewesen sein soll, dann, nur dann tut es uns auch für sie leid. "

     

    lassen mich dann doch zweifeln. natürlich tut es nur dann leid wenns gestimmt hat... oder soll das heisen das "opfer" muss einem leid tun, auch wenn alles nur gelogen war?

    es ist wichtig potentiellen opfern zuzuhören und es zu überprüfen und keinesfalls mit der einstellung "ist doch eh alles gelogen" an die sache ran zu gehen. aber genauso fatal wär die option die derzeit die oberhand hat. nämlich die grundsätzliche überzeugung das der beschuldigte schuldig ist, egal obs beweise gibt oder nicht.

  • C
    CReimann

    Auch meiner Meinung nach ist der Artikel viel zu undifferenziert. Man kann doch nicht einen Mord damit vergleichen:

     

    "Oder ob es Sex mit einer 16-jährigen Schutzbefohlenen war – mit ihrem psychologischen Betreuer."

     

    Das ist und bleibt trotz evtl. Einvernehmlichkeit ein Gesetzesverstoß, ein Missbrauch, aber keine Gewalt. Hier geht es doch nicht um "Macht" oder mit Schmerzen verbundende Aggression - der Betreuer war scharf auf seine Schutzbefohlene und hatte seine Triebe nicht mehr im Griff. Man sollte auch bedenken, dass Sex zwischen Erwachsenen und 14jährigen, noch mehr mit 16jährigen unter anderen Umständen legal sein kann. Biologisch gesehen ist also eine entsprechende sexuelle Auslebung letztlich gesetzlich anerkannt.

     

    Der Gewaltbegriff sollte daher genauer verwendet werden.

  • B
    Beelzebub

    Ein widerlicher Beitrag!

     

    O-Ton Füller:

    "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, tue es ihm um die Kinder leid. Das ist die typische und irgendwie auch verständliche Reaktion. Aber sie ist eine zweite schwere Attacke auf die Opfer.(...)Nur wenn es tatsächlich so gewesen sein soll, dann, nur dann tut es uns auch für sie leid."

     

    Mit anderen Worten: Herr Füller plädiert für Vorverurteilung und Abschaffung der Unschuldsvermutung. Er will offenbar einen Staat, in dem bereits der Verdacht ausreicht, einen Menschan als Sexualverbrecher zu stigmatisieren.

     

    Herr Füller täte gut daran, etwas vorsichtiger zu ein, denn auch er könnte womöglich einmal etwas tun, oder vielleicht auch schon getan haben, was das Missfallen einer durchtriebenen, rachsüchtigen Göre erregt hat.

     

    Vielleicht sollte er selbst mal am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, auf blanken Verdacht hin als Kinderschänder behandelt zu werden, am besten noch verbunden mit einem Internetaufruf zur Lynchjustiz. Vielleicht wird ihm dann klar, was für eine Ungeheuerlichkeit er hier hingerotzt hat.

  • A
    Andreas

    Danke! Endlich begreift jemand, dass wir unsere Gesellschaft das Problem sind.

     

    Na wenigstens wird dieses Thema lange und oeffentlich diskutiert, nicht wie in den VS, wo solche Taeter oft hingerichtet werden (teuer!), um die spuren zu verwischen anstatt zu versuchen die Krankheit der Triebtaeter besser verstehe zu lernen, denn unserer ach so tolle Psychologie ist keine echet wirksame, denn sie steckt noch in den Kinderschuhen, oder kennt jemand einen Schizo^phrenen, der geheilt wurde? Ich nicht...

  • B
    Bruno

    Bei mir waren es Fußballtrainer. Und es war nur eine Frage notwendig: "Wer will heute bei mir im Zimmer schlafen?" Ein Sommerferien-Fußballcamp. Es gingen immer viele Finger hoch.

    Es waren - denke ich heute- die Finger von Jungen, deren Eltern geschieden waren. Kinder, die kaum Kontakt hatten/haben durften zu ihren Vätern. So war es jedenfalls bei mir. Beide Elternteile waren mit ihrem Rosenkrieg und dem Scheitern ihrer Träume von Familie über Jahre beschäftigt. Beide Elternteile haben gelitten. Meine Mutter hat sich später umgebracht, mein Vater sagt heute fruststriert: "Frauen und Männer passen nicht zusammen".

  • B
    Benjamin

    Ein sehr schlechter Beitrag!

     

    Ja, wir sind das Täterumfeld. Ja, wir sind auch das Opferumfeld. Und was ein Glück, wir Leben in einem Rechtsstaat, und jeder ist solange unschuldig, bis das Gegenteil juristisch festgestellt worden ist.

  • C
    Caleb

    Ein Topf, darin Sex ohne Gummi und ein totes, missbrauchtes Mädchen.

     

    Ne, blos keinen Redakteur, der die nötige Sensibilietät besitzt.

     

     

    Was könnte man sich als Umfeld wohl vorwerfen, in solch einer Suppe der Beliebigkeit?

  • S
    Schreiber

    "Der freie Wille", ein Film aus dem Jahr 2006 behandelt genau das Thema auf sehr ergreifende aber auch schonungslos detaillierte Art und Weise. Harte Kost, die einem klarmacht: Auch Vergewaltiger sind Menschen.

  • MH
    Martina H.

    Danke für diesen Beitrag!

  • D
    Danke

    Guter Artikel,

     

    nur das Ende mit dem Affen hätt ich weggelassen:

     

    Ich möchte Tiere nicht mit Menschen vergleichen. Da Tiere im allgemeineen besser dastehen als wir sogenannt "Zivilisierte".

    Und was die Oberaffen mit ihren Untertanen machen, ist etwas anderes.

    Menschen als Oberaffen zu bezeichnen, die sich, wie beschrieben, an Schutzbefohlenen vergreifen, ist eine Schmeichelei und trifft das Thema nicht.

     

    Aber:

     

    Ich verstehe auch nicht, warum so konsequent fast alle wegschauen.

     

    Mittlerweile gehe ich davon aus, dass sexualisierte Gewalt so sehr Teil unserer Sozialisation ist, dass wir alle schmerzhaft gelernt haben, die Augen davor zu verschließen und erst üben, wieder hin zu sehen.

    Dazu braucht es Hilfe.

     

    Mein Dank gilt den Pionieren und Pionierinnen, die unseren Blick ausdauernd weiter auf dieses Thema lenken und damit den Betroffenen mutig helfen.

     

    Niemand kann sich vorstellen, was sie im einzelnen durchmachen.

     

    Vielen Dank für diesen Artikel.

  • JN
    Johannes Nepomuk

    Das Problem hat sich seit 50 Jahren - und wahrscheinlich auch davor - nicht verändert. Die Reaktionen des Täterumfeldes auf Mißbrauch auch nicht. Als wir Klosterinternatsschüler vor 50 Jahren von Patres und Fratres mißbraucht und mißhandelt worden sind, war es für uns Opfer unvorstellbar, den Eltern davon zu erzählen. Niemals hätten sie uns geglaubt; wir waren einfach unegzogene Internatszöglinge. Und hätten Eltern den Versuch gemacht, herauszufinden, ob das stimmt, was wir sagen, hätten die Ordensbrüder alles daran gesetzt, sich zu verteidigen, ja in die Offensive zu gehen: wir waren schuld, frech, aufmüpfig - und erfinden jetzt noch diese Schweinerei gegen die Geistlichkeit.

    Nie hatte, nie wird ein Kind die Chance haben, sich aus dieser doppelten Falle herauszuwinden. Immer wird es Opfer, ein zweites Mal Opfer und - im schlimmsten Fall in der Umkehrung - selbst Täter sein. Die Verfügungsmacht, die Erzieher und andere über Kinder und Jugendliche haben, muss radikal gebrochen werden. Kein Unterricht und keine Übungseinheit mehr ohne unmittelbare Kontrolle, ohne Aufzeichnung, ohne einen mittrainierenden Mißbrauchsbeauftragten, usw. oder so ähnlich.

     

    Letztlich ist der Mißbrauch nie ganz auszuschliessen. Umso wichtiger, dass die Klagen darüber ernst genommen werden, ohne die Trittbrettfahrer (die also tatsächlich nur verleumden - auch die haben wir vor 50 Jahren schon erlebt) zu schützen.

     

    Das wirksamste Mittel ist eine bewußte Eltern- und Erziehungsschaft, die Kinder will und achtet, die sie schützt und bewahrt, die FAMILIE lebt.

  • JS
    juliane schmuht

    Gab es keine besseren Interview als "Innocence in Danger". Die machen ja nun wirklich alles andere, als sensible, intelligente Arbeit zum Thema.

     

    Sonst aber ein guter Artikel

  • K
    Koppsalat

    Guter Start und vielversprechender Ansatz. Doch wo bleibt der Schluss, wo die konkreten Folgerungen und Lösungsversuche? Ich bin von der plötzlichen Leere abgrundtief enttäuscht, die beim Beenden des Artikels entsteht.

  • VB
    Valentin B.

    Ein sehr guter Beitrag!

     

    Ja, wir alle sind das Täterumfeld und können uns fragen, was wir dazu beitragen, dass diese Dinge geschehen, jeder einzelne und jede auch...