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Sexuelle Gewalt in SüdafrikaTödliche Vergewaltigung

Anene Booysens war 17, als eine Gruppe von Männern sie vergewaltigte und mit aufgeschlitztem Bauch zurückließ. Der Fall ähnelt dem in Indien.

Frauenprotest für Aids- und Vergewaltigungsopfer vor einem Gerichtsgebäude in Kapstadt (2006) Bild: reuters

JOHANNESBURG taz | Der Tod eines brutal vergewaltigten Mädchens schockiert Südafrika und lässt den Ruf nach Wiedereinführung der Todesstrafe laut werden. Die 17-jährige Anene Booysens war am Samstag in Bredasdorp, etwa 130 Kilometer östlich von Kapstadt, von mehreren Männern vergewaltigt worden.

Wie jetzt bekannt wurde, starb sie wenig später an ihren schweren Verletzungen im Krankenhaus. Die Täter hatten ihrem Opfer den Bauch aufgeschlitzt und das Mädchen in einem Industriegebiet zurückgelassen, wo Sicherheitskräfte sie fanden.

Die Polizei hat drei junge Männer als Tatverdächtige festgenommen. Kurz vor ihrem Tod am Sonntag hatte Anene Booysens nämlich den Namen eines der Vergewaltiger genannt. Er war angeblich ein früherer Freund.

Das traumatisierte Krankenhauspersonal sprach von den schlimmsten Verletzungen, die es je in solchen Fällen gesehen hat. Der Aufschrei in Südafrikas Gesellschaft ist größer als sonst. Südafrika gilt laut Statistiken als ein Land mit besonders vielen Vergewaltigungen: Die Polizei hat im vergangenen Jahr 65.000 Sexualverbrechen angezeigt, aber Frauenorganisationen gehen von einer wesentlich höheren Dunkelziffer aus.

Erhebungen zufolge wird in Südafrika alle 17 Sekunden eine Frau vergewaltigt. Vergewaltigungsopfer werden stigmatisiert und nicht ernst genommen, Polizei und Justiz arbeiten ineffizient. Viele Frauen haben Angst, ihren Fall öffentlich zu machen, oder Armut macht sie von Männern abhängig. Selbst Kleinkinder und alte Frauen werden häufig brutal vergewaltigt.

Spätfolgen der Apartheid

Die Ursachen sind liegen tief: Laut der Medizinerin Rachel Jewkes tragen zerstörte Familienstrukturen aus Apartheidzeiten zum Verhalten der Männer bei. Regierungssprecher Mac Maharaj erklärte, dieses Problem sei bis jetzt verschwiegen worden. Dann fügte er hinzu: „Die Todesstrafe ist in der Verfassung nicht erlaubt. Wir sollten uns fragen, ob wir Vergewaltiger in unserem Umkreis beschützen.“

Es bricht nun in Südafrika eine ähnliche Debatte los wie kürzlich in Indien nach der tödlichen Vergewaltigung einer 23-Jährigen in einem Bus durch sechs Männer. Südafrikas Gewerkschaftsdachverband Cosatu rief am Mittwoch zu Massendemonstrationen auf, wenn die mutmaßlichen Täter vor Gericht erscheinen. Zitat: „Als so etwas in Indien geschah, gab es Massenproteste. Wir müssen der Welt zeigen, dass Südafrikaner nicht weniger empört sind.“

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9 Kommentare

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  • C
    ChristianB

    Falsch: Nicht die Gewalt gegen Frauen nimmt zu, sondern es wird zum Glück mehr thematisiert. In der ganzen Welt sind die Gesellschaften traditionell männerdominiert und Gewalt gegen Frauen wird akzeptiert. Im zweiten Weltkrieg haben alle Parteien vergewaltigt - ebenso im Jugoslawien-Krieg.

     

    Heute haben wir in einigen Staaten der Welt eine deutliche Verbesserung. Die Gewalt wird als Verbrechen erkannt und daher zumindest nicht mehr von der Masse gedeckt. Wir vergessen aber allzu schnell, dass in vielen Ländern der Welt westliche Werte wie Gewaltlosigkeit, Meinungsfreiheit, sexuelle Selbstsbestimmung nicht existieren. Steinigungen in Pakistan, Todesstrafe für Vergewaltigungsopfer im Iran sind nur die Spitze. Machodenken ist in ganz Afrika verbreitet und äußert sich auch in brutaler Gewalt gegen homosexuelle Männer. Das wird aber leider todgeschwiegen, weil man ja nicht als Rassist gelten will.

  • A
    anna

    es ist erschreckend wie in den kommentaren hier rassistische stereotype bedient werden und das bild des "schwarzen vergewaltigers" kreiert wird...auch weisse maenner vergewaltigen...gewalttaetige maennlichkeiten basieren nicht auf der hautfarbe, sondern auf strukturellen, gesellschaftlichen entwicklungen..und ja, die apartheid ist zum teil daran schuld, dass es heutzutage gewalttaetige maennlichkeitskonstrukte in suedafrika gibt...ich will niemanden verteidigen, aber jahrelange segregation, gewollte unterentwicklung seitens des apartheid-regimes und unmenschliche passgesetze, die dazu fuehrten, dass ganze familiennetzwerke auseinanderbrachen koennen zu einer verrohung der gesellschaft fuehren...wie gesagt, ich will niemanden verteidigen oder von seiner schuld reinwaschen, aber den grund fuer die hohe vergewaltigungsrate suedafrikas in der hautfarbe zu suchen, ist schwachsinnig und rassistisch! uebrigens, an der university of cape town findet in 15 min ein marsch gegen gewalt gegen frauen statt, da nehmen auch ganz viele "schwarze" maenner dran teil, auch wenn sie sich das im fernen deutschland nicht vorstellen koennen...gruesse aus kapstadt

  • IR
    Irene Reindl

    Ach, jetzt ist die vor 20 Jahren beendete Apartheid Schuld? Bullshit! In anderen afrikanischen Ländern sieht es nicht anders aus, und da war nie Apartheid. Und warum noch gleich passieren 100 % der Vergewaltigungen in Oslo (Norwegen) seit 2066 durch hauptsächlich somalische und andere afrikanische Täter? Der Grund ist eher, dass Frauen auch in Afrika weniger als Dreck wert sind und dass Vergewaltigung dort für Männer eine Art Statussymbol ist, womit sie ihre "Männlichkeit" beweisen wollen.

  • RB
    Rainer B.

    Das Leben eines Menschen und besonders einer Frau in Südafrika wurde und wird leider nur gering geschätzt. Der Ruf nach der Todesstrafe bei derartig bestialischen Verbrechen bedient allerdings nur den gleichen Reflex, den es zu bekämpfen vorgibt.

     

    Gleichwohl sind harte, aber zukunftsweisende Strafen und konsequente Verfolgung der Täter unerläßlich, um kollektivem Wegschauen und allgemeiner Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern entgegenzutreten. Zero Tolerance ist gefordert.

     

    Vergewaltiger sind verkrüppelte Seelen, die alles tun, um wenigstens für einen Moment ein Gefühl von Macht und Stärke empfinden zu können. Der Hinweis der Autorin auf gesellschaftliche Spätschäden infolge der Apartheids-Politik früherer Jahre erscheint mir daher plausibel und angebracht.

     

    Wer selbst zeitlebens macht- und rechtlos war, schert sich wenig um die Rechte anderer und sucht sich bevorzugt Schwächere, an denen er sich abreagieren kann. Es gilt Konzepte zu entwickeln, die geeignet sind, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Das ist eine sehr langfristige, aber lohnende Aufgabe. Die Todesstrafe hingegegen macht die Welt nicht besser.

  • RR
    Rainer Roolf

    Ich bin Deutscher aber lebe in Suedafrika und befinde mich somit so ziemlich vor Ort

    Warum soll diese sexuelle Gewalt etwas mit der vor mehr als 20 Jahren beendeten Apartheid zu tun haben?

    Damals gab es so etwas nicht in Suedafrika!

    Die eskalierende Gewalt und Kriminalitaet stieg erst seit dem ins fast unermessliche.

    Es ist einfach das Ergebnis einer falsch verstandenen und falsch praktizierten sogenannten Freiheit.

    Leider fehlt es gerade unter einem Grossteil der schwarzen Bevoelkerung an Respekt vor dem Leben - so fehlt oft eine Hemmschwelle und resultiert in Vergewaltigung und Mord. Die Sicherheitsorgane, Polizei, sind einfach ueberfordert und nicht faehig, diese Kriminalitaet auch nur etwas im Zaum zu halten - und eine Bestrafung hat kaum eine abschreckende Wirkung, da es den Meisten bei Freiheitsentzug besser als in Freiheit geht.

    Man muss sich einmal vorstellen, dass es unmoeglich fuer eine Frau ist, allein per Fuss, Bus oder Eisenbahn gefahrlos unterwegs zu sein. Und das zu jeder Tageszeit.

  • A
    aujau

    @heidi: ich vermute, dass die maenner weltweit nicht in der lage sind, die sie umgebenden frauen von ihrer mutter zu unterscheiden und ihre mutter von den sie hindernden bzw. zerstoerenden verhaeltnissen. der rest ist sexistische tradition und gewaltmoeglichkeit.

  • JM
    J. Murat

    Natürlich ist die Ursache der Vergewaltigungen nicht, dass in afrikanischen Kulturen Mädchen und Frauen Menschen zweiter Klasse und nichts Wert sind sondern die vor fast 20 Jahren beendete Apartheit.

    Wieso sind eigentlich Vergewaltigungen auch in Nigeria so häufig?

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Warum muss ich gerade jetzt an Dirndlgate denken, wo nicht nur die #Aufschrei-Initiatorin explizit "den weißen Männern" ein Frauenfeindlichkeitsproblem unterstellt hat, das es zu bekämpfen ginge.

  • H
    heidi

    Der Hass von Männern gegen Frauen nimmt in ungeheurem Maß auf der ganzen Weltzu und erreicht Ausmaße von unmenschlichem Tun. Woher kommt das?