Sexuelle Gewalt in Indien: 16-Jährige vergewaltigt und verbrannt
Strengere Gesetze haben Indiens Frauen bisher nicht schützen können. Doch ist die Öffentlichkeit inzwischen stärker sensibilisiert.
BERLIN taz | Schon wieder wirft der Fall einer Gruppenvergewaltigung mit anschließendem Mord ein erschreckendes Licht auf die Situation von Frauen und Mädchen in Indien. Im östlichen Unionsstaat Jharkhand wurden am Samstag 15 Männer festgenommen, die eine 16-Jährige mehrfach vergewaltigt und später verbrannt haben sollen. Fünf weitere Verdächtige sind nach Behördenangaben noch flüchtig.
Nach Agenturberichten entführten am Donnerstagabend betrunkene Männer das Mädchen von einer Hochzeitsfeier und missbrauchten es in einem verlassenen Waldgebiet. Der Vater erstattete anschließend Anzeige beim Dorfrat. Der verurteilte die Täter zu einer läppischen Geldstrafe von 50.000 Rupien (rund 625 Euro) und 100 Kniebeugen.
Doch das empörte die Täter, die darauf in das Haus der Familie eindrangen, die Eltern schlugen und deren Haus samt dem Mädchen mit Benzin übergossen und anzündeten. Das Opfer sei bei lebendigem Leibe verbrannt, teilte der stellvertretende Chef des Bezirks Chatra mit.
Die Panchayats genannten Dorfräte verhandeln in Indien häufig Streitfälle und sind für Dorfbewohner meist die einzigen Ansprechpartner. Meist urteilen die Räte, die oft für patriarchale Traditionen stehen, ohne Einbeziehung der Polizei oder höherer Instanzen. Und nicht selten sind auch Mitglieder von Dorfräten selbst an Verbrechen oder deren Vertuschung beteiligt.
Fast zeitgleich gibt es einen ähnlichen Fall in der Nähe
Wie die Hindustan Times am Sonntag berichtete, gibt es in Jharkhand einen weiteren ähnlichen Fall. Im Bezirk Pakur sei eine 16-Jährige vergewaltigt und von dem Täter angezündet worden. Sie überlebte schwer verletzt, der Täter wurde von der Polizei festgenommen.
Die Fälle sind die jüngsten in einer erschreckenden Reihe sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Indien. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit begann im Dezember 2012 mit der bestialischen Gruppenvergewaltigung einer jungen Studentin in einem Bus in der Hauptstadt Neu-Delhi.
Der Fall löste landesweite Proteste aus. In der Folge wurden Gesetze verschärft, und seitdem berichteten Indiens Medien vermehrt über ähnliche Fälle.
Im April wurde die Gruppenvergewaltigung und Ermordung eines achtjährigen muslimischen Nomaden-Mädchens im indischen Teil Kaschmirs durch lokale Hindus bekannt. Sie hatten deren Familie vertreiben wollen. Der Fall führte erneut zu landesweiten Protesten. Darauf ordnete die Regierung die Todesstrafe an für Vergewaltiger von unter 12-jährigen Opfern an.
In der Vergangenheit kam es nur selten zu Anklagen und fast nie zu Verurteilungen. Es wird auch immer offensichtlicher, dass dem Problem mit schärferen Strafen allein nicht beizukommen ist. Harte Strafen dürften sogar das Risiko der anschließenden Ermordung der Opfer steigern.
2016 wurden in Indien rund 40.000 Vergewaltigungen gemeldet. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe