Sexualstraftäter darf überwacht werden: Gefahr für die Allgemeinheit
Der seit 2009 aus der Haft entlassene Sexualstraftäter Karl D. wird als weiterhin gefährlich erachtet - und deshalb dauerhaft überwacht. Die Klage seines Bruders dagegen wurde abgewiesen.
AACHEN dpa | Ein Sexualstraftäter darf auch nach seiner Haftentlassung von der Polizei 24 Stunden am Tag überwacht werden. Der Fall des in Heinsberg wohnenden Mannes hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht. Der Mann galt auch nach seiner Haftentlassung als gefährlich. Deshalb wird er von der Polizei seit knapp zwei Jahren observiert. Sein Bruder, bei dem der frühere Häftling heute lebt, hatte dagegen geklagt. Er fühlt sich schikaniert. Gegen das Urteil von Montag ist Berufung möglich.
Das Gericht teilte die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers nicht. Laut Gutachten sei Karl D. eine Gefahr für die Allgemeinheit. Die Polizeivorschrift für die Überwachung sei rechtmäßig angewendet worden. Beklagter war das Land Nordrhein-Westfalen. Der Landrat des Kreises Heinsberg hatte als Chef der örtlichen Polizeibehörde die Bevölkerung vor Karl D. gewarnt und die Rundum-Überwachung angeordnet.
Der Kläger hielt die Form der Überwachung für unrechtmäßig. "Das ist praktizierte Sicherungsverwahrung in homöopathischen Dosen", sagte Anwalt Wolfram Strauch. Es sei fraglich, ob die Voraussetzungen für die Überwachung überhaupt vorlägen. Karl D. mache eine Therapie. Möglicherweise sei er gar nicht mehr gefährlich. Die Behörden könnten ihn unauffälliger mit einer elektronischen Fußfessel und einem Handy überwachen. Das würde die übrige Familie weniger in Mitleidenschaft ziehen.
Der Heinsberger Kreisdirektor Peter Decker entgegnete, der von der Überwachung mitbetroffene Bruder sei auf die Kooperationsangebote der Polizei oft nicht eingegangen. Dies führe immer wieder zu "Räuber- und- Gendarm-Spielen" mit der Polizei. Karl D. war wegen der Vergewaltigung dreier Schülerinnen zu insgesamt knapp 20 Jahren Haft verurteilt worden. Bei seiner Haftentlassung stuften ihn die Gutachter als gefährlich ein. Für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung sah der Bundesgerichtshof in Karlsruhe aber keine gesetzliche Grundlage.
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