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Sexistischer Spruch von CSU-ChefMarkus Söder und die Frau ohne Unterleib

Laut CSU-Chef Söder ist Deutschland ohne Auto, Chemie und Maschinenbau „eine Frau ohne Unterleib“. Wer ist dann der Mann, der keinen Sex mehr haben kann?

Markus Söder hält eine Rede auf der IAA 2025: Mein Haus, meine Frau, meine Autoindustrie Foto: Wolfgang Maria Weber/imago

Was Automobilbranche und Chemieindustrie mit dem Untenrum einer Frau zu tun haben? Frag Söder! Der sagte in einem Interview der FAZ am 8. September: „Ohne Auto, Maschinenbau und Chemie ist Deutschland eine Dame ohne Unterleib.“

Der Aufschrei gegen Söders Vergleich hält sich in Grenzen. Ein paar Feministinnen, die müde geworden sind, weil sie zusehen müssen, welch misogyner Dreck wieder sagbar ist und wie sehr die erkämpften Frauenrechte neuerdings von rechter Gesinnung in die Zange genommen werden, protestieren.

Klar ist, Söder lotet aus, wie weit er gehen kann, und sexistische Sprüche sind ganz sicher etwas, das er sich als Kerl anmaßt, sagen zu dürfen.

Um herauszufinden, was er eigentlich genau gesagt hat, wird sein Satz hier mal ein wenig paraphrasiert. Etwa so: Wenn man Deutschland Autos, Maschinenbau und Chemie wegnimmt, ist niemand mehr da zum Penetrieren, denn wo eine Frau ohne Unterleib ist, fehlt auch die Möse.

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Söder hängt der Zweigeschlechtlichkeit an, einem penetrierenden Mann und einer Frau, in die eingedrungen werden kann. Die Frau ohne Unterleib ist demnach nicht ohne ein Gegenüber denkbar, das penetrieren will. Das ist bei Söder sicher keine Lesbe, sondern ein Mann.

An wen hat Söder gedacht?

Söder hat seinen Erguss anlässlich der Automobilausstellung IAA herausgehauen. Deshalb ist zu vermuten, dass er vor allem ans Auto dachte. Chemie und Maschinenbau wurden noch erwähnt, damit Bros dort nicht beleidigt sind. Also zugespitzt: Solange das Auto da ist, ist der Alte potent. Denn dann ist Deutschland ein Vollweib. Und man weiß es doch auch: Wenn der Alte erst am Steuer sitzt und mal so richtig Gas gibt …

Nun ist Söder nicht der Typ, der außerhalb seiner CSU-Stammtischblase irgendwen beeindrucken kann. Er ist ein Egomane, der sich Trump zum Lehrmeister nimmt. Trump kann nicht reden, nur geifern, die Unterlippe nach unten gezogen, sodass seine Zähne zum Vorschein kommen wie bei einem Esel. Aus Trumps Mund kommen Hass, Abwertung und Provokation. Damit generiert er viel Aufmerksamkeit.

An diesem Hasser orientiert sich Söder und provoziert mit so einem Spruch. Er weiß, dass er damit vor allem eines bekommt: Applaus, Schenkelklopfer und Klicks. Das will er, denn bekanntlich sind Leute, die ihr kleines Ich in einer aufgeblasenen Hülle umhertragen, süchtig nach Aufmerksamkeit.

Die Tragik, die sich im Satz von Söder verbirgt, ist damit aber noch immer nicht vollständig enthüllt. Bisher wurde nicht gesagt, wer denn nun der Mann eigentlich ist, der daran gehindert wird, zu kopulieren, weil die Frau keinen Unterleib hat. Die Antwort ist simpel: Es ist Söder selbst. Denn es sind seine Fantasien, denen er freien Lauf lässt.

Ein schamloser Trick

Die Personifizierung des Landes ist ein schamloser Trick, der Söder entlarvt. Sie zeigt, dass in seiner Denke der Mann Herr und die Frau Dienerin ist. Eine nicht fickbare Frau, hieße sie auch Deutschland, ist nichts wert.

Und in Bayern gibt man so einem Schwätzer eine politische Bühne. Weiß er nicht, dass er in einem Land lebt, in dem viele Leute viel leisten, das nicht nur mit Auto, Chemie und Maschinenbau zu tun hat? Weiß er nicht, dass ein Land, das „kein schöner Land“ sein will, schöner wäre mit weniger Straßen, weniger Verkehrstoten, weniger Flächenversiegelung, saubererer Luft? Ja, weiß Söder eigentlich, dass manche Frau auch gern Auto fährt und Männer Männer lieben können? Vermutlich will er’s nicht wissen.

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