Sexismus gegen CDU-Politikerin: Ein strukturelles Problem
Jenna Behrends bekommt nach den Sexismus-Vorwürfen gegen Frank Henkel nicht nur Kritik. Sie erhält auch Unterstützung von der SPD.
Im Berliner Abgeordnetenhaus sieht es für die CDU noch schlechter aus. Dort waren bis zur Wahl nur 4 von 39 Abgeordneten weiblich, also 10,2 Prozent. In der neuen Legislatur sieht es ähnlich aus: 4 von 31 Abgeordneten sind Frauen. 12,9 Prozent, das ist Minusrekord für eine Partei, die vor zehn Jahren das Quorum eingeführt hat, eine freiwillige Frauenquote von 30 Prozent für Parteigremien.
Wo so offensichtlich eigene Standards unterlaufen werden, herrscht schon mal eine Kultur der Denunziation. Im Fall von Jenna Behrends, der CDU-Politikerin, die ihrem Berliner Landesverband offenen Sexismus vorwirft, finden sich natürlich nicht nur Männer wie Landeschef Frank Henkel. Der zeigte sich „ein bisschen enttäuscht“ von der Quereinsteigerin Behrends. Die hatte im Onlinemagazin Edition F geschrieben, Henkel habe sie eine „große süße Maus“ genannt und sich bei einem anderen CDU-Politiker erkundigt: „Fickst du die?“ Dementiert hat Henkel Behrends’ Vorwürfe nicht.
Es gibt auch Frauen, die Henkel zur Seite springen. Sandra Cegla, Vorsitzende der Frauen-Union (FU) in Berlin-Mitte, unterstellte Jenna Behrends nicht nur, diese habe „ihre weiblichen Reize“ spielen lassen und „den Männern halb auf dem Schoß“ gesessen. Behrends habe zudem ein Verhältnis mit CDU-Generalsekretär Peter Tauber gehabt.
Behrends selbst spricht von einer „Schmutzkampagne“. Sie sei mit Tauber zwei mal etwas trinken gegangen, das war’s. Tauber bestätigt das. Man habe geflirtet, die Sache sei aber freundschaftlich geblieben.
„Herrenwitze sind inakzeptabel“
Auf Bundesebene äußerte sich am Montag gar der Regierungssprecher. „Da, wo Frauen in unserer Gesellschaft noch immer herabgewürdigt werden als Frauen, da trifft das auf eine ganz klare Haltung, ablehnende Haltung durch die Bundesregierung“, sagte Steffen Seibert.
Familienministerin Manuela Schwesig verurteilte Alltagssexismus. Entsprechende Sprüche und sogenannte Herrenwitze seien „nicht nur altmodisch, sondern völlig inakzeptabel“, sagte die SPD-Politikerin. „Es ist gut und mutig, wenn Frauen das offen ansprechen.“
Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Nadine Schön sagte dem Deutschlandfunk, Sexismus sei nicht nur ein Problem der Politik. Schön sprach von einem „Graubereich“. Man müsse zwischen einer laxen Bemerkung und einer verletzenden, sexistischen Bemerkung unterscheiden. Eine erwachsene Frau „große süße Maus“ zu nennen, halte sie nicht für akzeptabel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden