Sexismus auf dem Eis: Auch Mädels können schubsen
Der Bodycheck im Frauen-Eishockey ist verboten und kann mit bis zu fünf Minuten Strafzeit geahndet werden. Diese Sonderregel braucht niemand.
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Mit Schlägen ist es wie mit Sex: Beides ist zu verurteilen, wenn es nicht auf gegenseitigem Einverständnis beruht. Der Bodycheck im Eishockey ist Gewalt, die ausdrücklich erlaubt ist – brutal, legal und unterhaltsam. Doch nicht für alle, denn Frauen wird diese Form des Spiels nicht zugetraut.
Männer und Frauen haben ein gemeinsames Regelwerk, doch die Nummer 541 im IIHF-Regelbuch ist nur für Wettkämpfe mit weiblichen Spielern gültig. Der Bodycheck, der harte Körpereinsatz gegen andere Spielerinnen, ist verboten und kann mit bis zu fünf Minuten Strafzeit und automatischer Spieldauer-Disziplinarstrafe vom Schiedsrichter geahndet werden.
Sexismus im Regelwerk – die Befürworter verteidigen ihn mit absurden Werten wie dem Erhalt der sanfteren Anmutung des Spieles, welches mehr auf Taktik und Technik baue. Oder der Angst der Eltern um den weiblichen Eishockeynachwuchs. Die Frau im Eishockey ein zu schützendes Objekt – Bedenken, die es bei den Jungs und Männern nicht gibt.
Eishockey ist aggressiver Sport, auch ohne Bodycheck. „Wenn man es nicht besser wüsste“, beschreibt ein Artikel der Zeit die deutschen Nationalspielerinnen, „dann würde man nicht glauben, dass es sich hier um Frauen handelt.“ Vielleicht will es nicht jeder glauben, aber auch Frauen können schubsen. Geregelte Gewalt ist in Ordnung für die Spielerinnen, sonst wären sie Balletttänzerinnen geworden.
„Man muss ans gesamte Eishockey in Deutschland appellieren, dass Frauen die gleichen Möglichkeiten haben wie die Männer“, sagte die Nationalspielerin Maritta Becker vergangene Woche. Die Frauen im deutschen Eishockey kämpfen noch um Grundsätzlicheres als Bodychecks: Geld und Anerkennung. Denn Fraueneishockey ist längst nicht so populär wie das Spiel der Männer. Aber liegt das nicht auch am weichlichen Schonprogramm? Für ihre Popularität sollten die Frauen kämpfen. Gewalt erhöht wie auch Sex die Einschaltquote des Sports.
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