: Seriöse Beratung
Weil Angebote zur Geldanlage häufig sehr komplex sind, benötigen Investoren gute Information. Worauf ist zu achten?
Durch unseriöse oder wenig durchdachte Geldanlagen werden jährlich viele Milliarden Mark in den Sand gesetzt. In etlichen Vergleichen, beispielsweise auch von der Stiftung Warentest, wurde festgestellt, dass selbst die Beratung in Kreditinstituten zu wünschen übrig lässt. Auch einfache Fragen werden oft mangelhaft beantwortet; die Stiftung spricht davon, dass eine gute Anlageberatung bei Sparkassen oder Banken „nur schwer zu bekommen“ sei.
Fraglich ist, ob freie Vermittler – die also nicht bei einer Bank angestellt sind, sondern auf eigene Faust allerlei Anlagemöglichkeiten verkaufen und diese gerne abends auf dem heimischen Sofa des Anlegers anpreisen – bessere Qualität bieten. Auch aus den Anfragen an die Verbraucherzentralen lässt sich entnehmen, dass insbesondere bei den freien Vermittlern vieles im Argen liegt.
Wie aber kann man seriöse Berater erkennen und unseriöse aussieben, bevor Schaden entsteht? Ein wichtiges Merkmal ist schon die Geschäftsanbahnung. Wer von einem Unbekannten wegen einer angeblich interessanten Anlagemöglichkeit angerufen wird, ohne dass eine Geschäftsverbindung besteht, sollte das Angebot gleich vergessen. Solches Vorgehen ist zudem gesetzwidrig. Wenn Vermittler Anlegern ein Angebot unterbreiten, mit dem sich eine hohe Rendite – also zehn Prozent und mehr – ohne Risiko erwirtschaften lasse, sind sie entweder inkompetent oder unseriös. Denn beides passt nicht zueinander.
Auch Rahmenbedingungen geben verräterische Signale: Wird der Interessent unter Zeitdruck gesetzt („Diese Konditionen gibt es nur noch bis übermorgen“), disqualifiziert sich der Gegenüber selbst. Dies gilt ebenso für gar nicht so selten zu beobachtendes Vermittlerverhalten wie großspuriges Getue, ständiges Unterbrechen, Besserwisserei oder der Unwille, schwierige Sachverhalte mehrmals zu erklären. Wegen der Langfristigkeit vieler Anlageformen sollte auch die Beziehung zum Berater auf längere Dauer angelegt sein. Wenn die „Chemie“ nicht stimmt, sollte man sich im Zweifel den Rat lieber anderswo holen.
Egal, ob es sich um einen freien Vermittler handelt oder den Angestellten einer Bank: Als Einstieg ins Gespräch sollte man sich nicht scheuen, den Berater nach dessen Ausbildung und Erfahrung im Bereich der Geldanlage zu fragen. Ein seriöser Berater wird der Antwort nicht ausweichen. Doch wird mancher freie Vermittler bei dieser Frage Erklärungsprobleme bekommen. Wie auch sollte jemand gut beraten können, der vielleicht gerade einen zweimonatigen Crash-Kurs durchlaufen hat, und zuvor in einem ganz anderen Metier tätig war? Wer als Vermittler keine wirtschaftliche Ausbildung oder ein entsprechendes Studium nachweisen kann, muss sehr gut begründen können, woher sein Wissen stammt. Gute Berater beschäftigen sich fünf, eher zehn und mehr Jahre mit dieser speziellen Thematik. Denn es reicht nicht, einige Jahre beispielsweise für eine Bank tätig gewesen zu sein. Ein As im Kreditbereich ist nicht zwangsläufig gut im Anlagegeschäft, sondern im Zweifelsfall völlig ahnungslos.
Das A und O einer guten Beratung ist, dass genau auf die individuelle Lebenssituation des Anlegers eingegangen wird. Eine Anlagemöglichkeit, die für Bekannte und Freunde sinnvoll ist, kann für einen selbst völlig falsch sein. In einer empfehlenswerten Beratung werden also zuerst Fragen zum Vermögen und Einkommen, den Anlagezielen, der gewünschten Dauer der Anlage und insbesondere zum Risiko, das mit der Anlage eingegangen werden soll, gestellt. Berater müssen den Anlegern helfen können, sich selbst über die Antworten darauf klar zu werden.
Niemals wird ein guter Berater versuchen, einen Anleger gegen dessen Wunsch zu überreden, beispielsweise höhere Wertschwankungen zu akzeptieren. Die einzelnen Geldanlagen werden von guten Beratern genau beschrieben, die Vor- und Nachteile sowie Risiken präzise genannt.
Bei freien Vermittlern kommt der wichtige Aspekt der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung hinzu. Auch der beste Vermittler kann mal einen schwarzen Tag haben. Möglicherweise reicht sein eigenes Vermögen aber nicht aus, um den etwaigen Schaden aus einer Falschberatung zu ersetzen. Es ist ratsam, sich die Antworten des Vermittlers vor allem zur Frage der Versicherung schriftlich geben zu lassen – alle anderen übrigens auch.
Bei fest angestellten Beratern ist zu beachten, dass sie mit großer Vorliebe die Produkte des eigenen Hauses empfehlen. Eine Sparkasse wird verständlicherweise nicht zu Investmentfonds der Deutschen Bank raten. Schließlich bekommt man vom Verkäufer des Kaufhauses A auch nur selten den Tipp, dass die gewünschte Jacke im Kaufhaus B gegenüber viel billiger ist: Holen Sie sich Rat also immer von verschiedenen Seiten. Peter Grieble
Der Autor ist Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Stuttgart.
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