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Serienkolumne Die CouchreporterAußerirdische mit Teenie-Problemen

Andreas Hergeth
Kolumne
von Andreas Hergeth

Und Cut: Nach „Torchwood“ bekommt die längste Sci-Fi-Serie „Doctor Who“ mit „Class“ noch einen neuen Ableger.

Im neuen „Doctor Who“-Ableger wird wieder zur Schule gegangen Foto: BBC

D ie Briten haben bekanntlich eine Vorliebe für Schräges. Das gilt auch für Fernsehserien. Als ich Mitte der neunziger Jahre ein halbes Jahr in London studierte, legte mir mein Mitbewohner Paul den Kult schlechthin ans Herz: „Doctor Who“. Dabei handelt es sich um eine Science-Fiction-Serie der BBC, die von 1963 bis 1989 ausgestrahlt wurde und seit 2005 in Neuauflage fortgesetzt wird.

Doctor Who reist mittels Zeit-Raum-Maschine durch Dimensionen und Jahrhunderte, die Maschine ist von außen als alte Polizei-Notrufzelle kaschiert. Und so wie die Notrufzelle sehen auch die Spezialeffekte aus, sie wirken wie hausgemacht. Das ist aber nicht schlimm. Die unglaublichen Geschichten entschädigen. „Doctor Who“ steht übrigens im Guinnessbuch der Rekorde als bislang am längsten laufende Science-Fiction-Serie.

Es gibt immer mal wieder Serienableger der „Doctor Who“-Reihe, zuletzt „Torchwood“, die es von 2006 bis 2011 auf vier Staffeln brachte. Darin schützt eine verdeckt arbeitende Organisation die Erde vor außerirdischen Bedrohungen aller Art. Ich fand die Serie nur so lala, weil zu erwartbar. Die Akteure sind junge und natürlich gut aussehende Männer und Frauen, es gibt viel Sex, Gewalt und Kraftausdrücke. „Doctor Who“ ist sauberer, weil für die ganze Familie konzipiert. „Torchwood“ sollten nur die Erwachsenen gucken.

Doofe Lehrer, nervende Eltern, erste Dates

Ähnlich verhält es sich mit dem neuesten Ableger „Class“, der am 4. April auf One startet und über funk.net online zu streamen ist und richtig – so viel Wortspiel muss sein – klasse ist. Eine Schule ist Ort des Geschehens. Seltsame Schatten tauchen dort plötzlich auf und greifen einzelne SchülerInnen an. Schnell ist klar, dass das die Auserwählten sind im Kampf gegen, na klar, Außerirdische. Die rücken gleich in Armeestärke an. Sie haben es aber nicht auf Menschen abgesehen, sondern auf ihresgleichen: Außerirdische einer anderen Spezies beziehungsweise der Rest davon: Nur zwei sind noch übrig, ein Prinz und seine Beschützerin. Schon in der ersten Folge müssen deshalb Menschen sterben, sie lösen sich in Luft auf, Kollateralschäden eines Stellvertreterkrieges auf Erden.

Das alles ist superflott inszeniert und die Dialoge sind richtig witzig, so was können britische AutorInnen eben. Und wieder sehen die blutjungen SchauspielerInnen umwerfend aus. Und natürlich geht es, hey, wir sind an einer Schule, um doofe Lehrer und Erfolgsdruck, nervende Eltern, ums erste Verliebtsein und Sexualität.

Sehr schöner Einfall: die zentrale Figur, der Bilderbuch-Prinz vom andern Stern, kapiert erst langsam, wie wichtig es ist, ein Date zum bevorstehenden Schulball zu haben. Als der Groschen fällt, fragt er den hübschen Mateusz, der glatt zusagt – fertig ist eine schwule Liebesgeschichte. Endlich mal was Neues! Und Cut: In der nächsten Szene verliert ein dritter Hauptdarsteller ein Bein. Und Cut: Die Armee der Außerirdischen ist nicht mehr aufzuhalten. Und Cut: Plötzlich ist Doctor Who da. Er hat angeblich malals Hausmeister in der Schule gearbeitet.

In Wirklichkeit haben seine viele Reisen durch die Dimensionen Risse in den ­Wänden von Zeit und Raum hinterlassen, nur so kommen die Außerirdischen in unsere Welt. Aber gut, dass der alte Doctor hier nur einen Gastauftritt hat.

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Andreas Hergeth
Redakteur & CvD taz.Berlin
In der DDR geboren, in Westmecklenburg aufgewachsen, Stahlschiffbauer (weil Familientradition) gelernt, 1992 nach Berlin gezogen, dort und in London Kulturwissenschaften studiert, 1995 erster Text für die taz, seit 2014 im Lokalteil Berlin als Chef vom Dienst und Redakteur für Kulturpolitik & Queeres.
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