Serie mit Engelke und Pastewka: Cleveres Spiel mit Versatzstücken
Kein Dauerwitzeln, sondern gekonnt inszenierte romantische Komödie: Anke Engelke und Bastian Pastewka glänzen in „Perfekt verpasst“.
28 Jahre ist es her, dass Anke Engelke und Bastian Pastewka sich bei der Nachrichten-Sketchsendung „Die Wochenshow“ kennenlernten und erstmals gemeinsam vor der Kamera standen. Seither haben sich die beiden längst als Deutschlands Comedy-Traumpaar etabliert, mit gemeinsamen Projekten wie „Fröhliche Weihnachten!“, Gastauftritten in den Produktionen der jeweils anderen oder jüngst den im Doppelpack absolvierten Abstechern zu „LOL: Last One Laughing“. Trotzdem ist „Perfekt verpasst“ (ab 15. August bei Amazon Prime Video) nun die erste fiktionale Serie, für die Engelke und Pastewka wirklich zusammen vor der Kamera standen. Oder auch eben gerade nicht, wie das Publikum verblüfft feststellen wird.
Der Titel ist bei „Perfekt verpasst“ jedenfalls Programm: Die beiden Hauptfiguren, die Engelke und Pastewka sich mitsamt der Prämisse selbst ausgedacht haben, bevor schließlich ein vierköpfiger Writers Room involviert wurde, laufen sich nämlich praktisch die gesamte Serie über gar nicht (bewusst) über den Weg. Und das, obwohl sie nicht nur im eher übersichtlichen Marburg leben, sondern obendrein auch ziemlich gut zueinander passen würden.
Maria (Engelke) ist Buchhändlerin mit entzückendem eigenem Laden und einer patenten, jungen Mitarbeiterin (Melodie Simina). Dass sie nicht so richtig glücklich und entspannt ist, hat viel damit zu tun, dass sie – anders als ihre ehemals beste Freundin und jetzt Erzfeindin – die fixe Idee vom eigenen Roman nie umgesetzt hat. Und noch mehr damit, dass sie von ihrem Ex (Serkan Kaya) zwar längst getrennt ist, es aber trotz dessen neuer Beziehung nicht lassen kann, mit ihm ins Bett zu steigen. Ähnlich viel Unzufriedenheit herrscht bei Sportladenbesitzer Ralf (Pastewka), der sich gerade von seiner Ehefrau scheiden lässt und in diesem Kontext nicht nur das Verhältnis zu seinen beiden nicht mehr gerade kleinen Töchtern neu ausloten, sondern auch mit dem ungewohnten Singledasein klarkommen muss.
Wieder und wieder laufen (oder radeln) sich Maria und Ralf beinahe in die Arme, ab und zu befinden sie sich sogar, ohne es zu wissen, im gleichen Raum und ihre privaten Bekannten- bzw. Verwandtschaftskreise überschneiden sich durchaus. Doch in schöner Regelmäßigkeit verhindert der Zufall, dass sich diese beiden gleichermaßen von den Irrungen und Wirrungen des Lebens geprägten Kleinstadtneurotiker endlich kennenlernen.
Eher Dramedy
Wer nun erwartet, dass diese Geschichte in „Perfekt verpasst“ brüllendkomisch erzählt wird und hier ein Schenkelklopfer den nächsten jagt, liegt allerdings vollkommen falsch. Von Wolfgang und Anneliese oder anderen Sketch-Schöpfungen, die Engelke und Pastewka über die Jahre auf den Bildschirm gebracht haben, sind die Figuren und der Tonfall der Serie weit entfernt. Das passende Schlagwort ist eher Dramedy, Neudeutsch für Tragikomödie, was so viel heißen will wie: Natürlich kann hier gelacht oder mindestens geschmunzelt werden. Aber der Fokus liegt doch deutlich darauf, wie schwierig und auch bitter Selbst- und Neufindungsprozesse ablaufen können, wenn man sein halbes Leben schon hinter sich hat.
Dass Engelke und Pastewka neben knalligen Pointen auch beiläufigen Witz und nuancierte Emotionalität beherrschen, ist eigentlich keine Neuigkeit. Doch das Erfreuliche hier ist, wie sehr auch das Drumherum stimmt. Das Konzept des Sich-Verpassens (samt Wissensvorsprung des Publikums) trägt nicht nur über acht Folgen, sondern bietet auch Raum für ein cleveres Spiel mit Versatzstücken der romantischen Komödie sowie einen interessanten Spagat zwischen realistischer Wahrhaftigkeit und kleinen Momenten herrlichster Absurdität.
Das Schönste aber ist, wie die Serie durch das Verhindern der Paardynamik zu einer echten Ensemble-Angelegenheit wird. Was wunderbare Nebencharaktere und deren Darsteller*innen angeht, von Edin Hasanovic als Hundetrainer und Fritzi Haberlandt als Marias frühere Freundin oder Michael Wittenborn als ihrem schwulen Papa und Peter Jordan als einem von Ralfs Band-Kumpels, sucht „Perfekt verpasst“ seinesgleichen. Denn was das Timing und die Tiefe der Figuren angeht, umgeben sich Engelke und Pastewka hier mit Gleichgesinnten auf Augenhöhe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!