Serie „Gefährliche Liebschaften“: Die Chemie stimmt

Der französische Kultroman „Gefährliche Liebschaften“ wurde oft verfilmt. In einer neuen Serie wird nun seine Vorgeschichte erzählt – als Seifenoper.

Nicholas Denton und Alice Englert als Valmont und Camille in der Serie ?Gefährliche Liebschaften?

Nicholas Denton und Alice Englert als Valmont und Camille in der Serie „Gefährliche Liebschaften“ Foto: Foto: Starz Entertainment/Jason Bell

Kaum eine Geschichte wurde so oft erzählt wie die der Marquise de Merteuil und des Vicomte de Valmont, ihres Zeichens Liebespaar und gleichzeitig Rival*innen, die auf Moral und Empathie pfeifen und mit ihren Intrigen und Manipulationen ganze Existenzen zerstören.

Stephen Frears’ Verfilmung des Briefromans von Pierre Choderlos de Laclos gilt als Meisterwerk, die moderne Teenie-Adaption „Eiskalte Engel“ ist mindestens Kult, außerdem gibt es Theater- und Opernfassungen, etwa Heiner Müllers „Quartett“. Auch ins China der 1930er wurde die Geschichte schon verlegt, genauso wie nach Korea im 18. Jahrhundert. Nun gibt es die nächste Version von „Gefährliche Liebschaften“, und Showrunnerin Harriet Warner hat sich für ihre Serie einen neuen Kniff überlegt: Sie erzählt das Ganze als Prequel, also die Vorgeschichte des berühmten Romans.

Die spätere Marquise de Merteuil ist hier noch eine junge Frau namens Camille (Alice Englert), die sich im vorrevolutionären Paris widerwillig im Bordell verdingt. Wie und warum sie dort gelandet ist, wird im Verlauf der ersten, achtteiligen Staffel noch eine große Rolle spielen, zunächst aber ist der Plan, gemeinsam mit ihrem Geliebten abzuhauen und irgendwie ein neues Leben zu beginnen. Was leichter gesagt als getan ist, denn Pascal Valmont (Nicholas Denton) ist ebenfalls praktisch mittellos, seit er von seiner Stiefmutter um Titel und Vermögen gebracht wurde.

Von Affären mit verheirateten Damen der Oberschicht erhofft er sich Aufstiegschancen, doch als Camille hinter dieses Geheimnis kommt, sinnt sie mit gebrochenem Herzen auf Rache. Mit Erpressung und Charme gleichermaßen findet sie ihren Weg in die Obhut einer von Pascals Geliebten (Lesley Manville) und wittert die Chance, sich noch einmal ganz neu zu erfinden.

„Gefährliche Liebschaften“, ab 6. November bei Lionsgate+

Bekannte Ne­ben­dar­stel­le­r*in­nen

Eine ganze Folge lang sieht es so aus, als würde die derzeit erfreulich omnipräsente Schauspielerin Lesley Manville – in der neuen Staffel „The Crown“„The Crown“ spielt sie Prinzessin Margaret und in der Kinokomödie „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ die Titelrolle – im Zentrum von „Gefährliche Liebschaften“ stehen.

Doch es kommt anders, was zwar bedauerlich, aber auch ein interessanter Überraschungseffekt ist. Überhaupt sind die prominenten Namen dieser Serie – auch die „Game of Thrones“-Stars Tom Wlaschiha und Carice van Houten oder Pop-Sängerin Paloma Faith sind mit von der Partie – immer nur die Nebendarsteller*innen.

Im Fokus stehen ausschließlich Jane Campions Tochter Alice Englert und der australische Newcomer Nicholas Denton, und auch wenn die beiden nicht in der gleichen Liga spielen wie vor 35 Jahren Glenn Close und John Malkovich, stimmen doch zumindest die erotische Chemie und Spielfreude.

Kurzweilige Unterhaltung mit wenig Tiefgang

Das ist entscheidend, denn letztlich geht es in der neuen Adaption von „Gefährliche Liebschaften“ um nicht allzu viel. Für die Zeit, in der sie Serie spielt, interessiert sich die Serie nicht allzu sehr, um menschliche Abgründe oder Liebe als Transaktionsgeschäft geht es auch eher oberflächlich, und die PoC und queeren Figuren, die im Historien-Genre immer selbstverständlicher dazugehören, bleiben schmückendes Beiwerk. Auf dem Programm steht stattdessen kurzweilige Seifenopern-Unterhaltung, denn es macht nun einmal viel Spaß, attraktiven Menschen in tollen Kostümen dabei zuzusehen, wie sie sich immer wieder hintergehen und betrügen.

Beim Streamingdienst Lionsgate+, der bis vor Kurzem noch Starzplay hieß, hat man damit gute Erfahrung. Das Programm dort steht auf zwei höchst unterschiedlichen Säulen: Gangster-Geschichten aus dem von Rapper 50 Cent geschaffenen „Power“-Universum einerseits, Kostümdramen wie „Outlander“, „Becoming Elizabeth“ oder „The Serpent Queen“ andererseits.

Zumindest in Nord- und Südamerika hat diese Mischung offenkundig enormen Erfolg; aus Europa und Japan dagegen, so wurde gerade bekannt gegeben, zieht man sich wieder zurück. Wo das deutsche Publikum die bereits bestellte zweite Staffel von „Gefährliche Liebschaften“ kommendes Jahr wird sehen können, bleibt also abzuwarten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.